
Liebe Leserin, lieber Leser
Auf einem längeren Spaziergang gehen mir verschiedene Fragen zu unserer heutigen Gesellschaft durch den Kopf: Wie können Menschen einander wirklich helfen? Wie gestaltet sich das Zusammenleben, das Zusammenarbeiten heute? War das früher anders? Was bleibt immer gleich? Welche Qualitäten brauchen wir eventuell heute für neue Formen in der Arbeit? Es entstehen dazu unterschiedliche Bilder vor mir.
Hierarchie: In den Spitälern gibt es bei einzelnen Aufgaben eine ausgeprägt hierarchische Zusammenarbeit. Früher war das mehr oder weniger allgemein anerkannt – und im Volksmund benannt mit den „Göttern in Weiss“. Heute sehen wir das vor allem noch bei Operationen, die extrem spezialisiert sind. Jeder Einzelne ist gefordert, alles läuft jedoch auf die Entscheidungen und Verantwortung des Chefarztes hinaus. In dieser Art der Zusammenarbeit haben wir heute viel Erfahrung, die Vorteile und auch die Grenzen sind gut erforscht und wohlbekannt. Stichwörter dazu sind schnell und klar, jedoch potentiell fehleranfällig und demotivierend.
Projektarbeit: Projektarbeit ist eine andere, modernere Form der Zusammenarbeit. Bereichsübergreifend und teamorientiert werden neue Vorhaben angepackt und umgesetzt. Es werden Spielregeln vereinbart, Verantwortlichkeiten geklärt. Auch hier besteht schon viel Erfahrung. Projektarbeit beschränkt sich jedoch häufig auf die einzelne Organisation. An den Aussengrenzen der Institutionen wird es schon wesentlich komplizierter, auf diese Art und Weise zusammenzuarbeiten.
Netzwerke: Wenn es um Netzwerkbildung geht, wird die Zusammenarbeit pionierhaft. In Workshops werden Erfahrungen ausgetauscht. Bereits existierende Netzwerke schildern die vielen Herausforderungen und Absturzgefahren, von denen die Bildung eines Netzwerks geprägt ist. Auch Experten sind in vielerlei Hinsicht noch am Suchen. Häufig fokussieren die Fragen auf technische Aspekte, vor allem Fragen, die sich um computergestützte Lösungen drehen. Das Internet stellt die Frage nach den Netzwerken neu und bietet gleichzeitig Möglichkeiten der Lösung. Ein grösseres Netzwerk als das weltweite Netz kann es nicht geben.
Neben den technischen Aspekten erlebe ich jedoch die Fragen, welche sich zwischen den beteiligten Menschen abspielen, als das Wesentliche. Das gilt in besonderem Mass bezüglich der Zusammenarbeit in Netzwerken. Rudolf Steiner wies als Lebensreformer in einer Zeit mit vielen drängenden sozialen Fragen auf die Möglichkeiten und die Kraft von Assoziationen im Wirtschaftsleben hin. Das sind aktuelle Aspekte auch für die heutige Zeit, wie mir scheint.
In diesem Sinn sehe ich Vernetzung, Zusammenarbeit, Aufbau von Filialen etc. als eine allgemein neue Herausforderung unserer Zeit. Lesen Sie in dieser Ausgabe der Quinte über Vernetzung in ihren verschiedenen Aspekten. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.
Für das Redaktionsteam
Dr. med. Lukas Schöb
Ärztlicher Leiter
Ita Wegman Klinik Arlesheim