
Basis zur Gesundung des Systems
oder Anfang vom Untergang?
Mit der Einführung der einheitlichen Spital-
finanzierung ab Januar 2012 wurde auch in der Schweiz das Fallpauschalensystem
(SwissDRG) eingeführt. Seither wird schweizweit basierend auf der Diagnose jeweils ein einheitlicher Betrag vergütet.
Die Kantone müssen, nach einer Übergangsfrist von 5 Jahren, seit dem 1. Januar 2017 55 Prozent der Kosten einer Spitalbehandlung bezahlen, die Krankenversicherungen 45 Prozent. Wie wirkt sich das auf die Klinik Arlesheim aus?
Gleichzeitig mit der Umstellung auf das Fallpauschalensystem wurde die Finanzierung der Spitäler dahingehend vereinheitlicht, dass unabhängig von der Trägerschaft – öffentlich-rechtlich, Stiftung oder privat – alle Leistungen gleich vergütet werden. Voraussetzung ist lediglich ein kantonaler Leistungsauftrag gemäss Spitalliste.
Neues Abrechnungssystem als grosse Herausforderung
Mit der Einführung der Fallpauschalen wurde von der Kostenträgerseite eine höhere Transparenz und damit verbunden eine steigende Qualität bei sinkenden Preisen erwartet. Auf Seiten der Leistungserbringer und der Patienten stand dem die Befürchtung entgegen, dass die standardisierten Aufenthaltsdauern sogar zu sinkender Qualität führen werden.
Die Logik der Fallpauschalen basiert darauf, dass in Abhängigkeit der erstellten Diagnose ein einheitlicher Katalogwert aussagt, welche Kosten für eine „Standard“-Behandlung bezahlt werden. Dieses Entgelt der Kantone einerseits und der Krankenversicherer andererseits beinhaltet nicht nur die Behandlungskosten, sondern auch die Kosten der notwendigen Supportbereiche sowie diejenigen für die Infrastruktur und ihre Erneuerung.
Allein die Bezeichnung einer „Standardbehandlung“ impliziert nun aber die Schwierigkeit, unseren Patienten in diesem System der Fallpauschalen eine individualisierte, anthroposophische Behandlung zukommen zu lassen. Doch die Klinik Arlesheim stellte sich dieser Herausforderung seit der Einführung des Fallpauschalensystems 2012 durchaus erfolgreich. Dass die notwendigen Spagate mitunter schmerzhaft sind, steht dabei ausser Frage.
Dennoch ist es der Klinik in den vergangenen Jahren gelungen, die Weichen für einen erfolgreichen Umgang mit diesem neuen System zu stellen. Es ist dabei alles andere als selbstverständlich, dass sie sogar einen nachhaltigen Gewinn zu erzielen vermochte. Das zeigen nicht zuletzt die immer wieder auch in den Tageszeitungen publizierten Vergleichszahlen verschiedenster Spitäler der Schweiz, bei denen das bisweilen nicht der Fall war.
Keine Zukunft ohne Gewinn?
Doch die Frage ist erlaubt, wieso es überhaupt erstrebenswert oder gar notwendig ist, in einem Spital einen Gewinn zu erzielen. Sollte es nicht die schlichte und für sich allein schon herausfordernde Aufgabe eines Spitals sein, Patientinnen und Patienten wirksam und zweckmässig zu behandeln, unabhängig von einem Gewinnstreben? Und kommt es in dieser Betrachtung nicht einer Verteuerung des Systems gleich, wenn die Spitäler neben den zu deckenden Kosten auch noch einen Gewinn erzielen wollen (oder müssen)?
Die Antwort liegt nicht zuletzt im einleitend vorgestellten Fallpauschalensystem, denn die darin abgebildeten Preise beinhalten auch einen Anteil an die Investitionskosten der Spitäler. Im Gegenzug wären sowohl den privaten als auch den öffentlich-rechtlichen Spitälern keine separaten Gelder für den Bau und den Betrieb der Spitalgebäude mehr zu bezahlen. Im Konjunktiv deshalb, weil dies zwar für Spitäler mit privater Trägerschaft eindeutig so ist und auch nie anders war, für öffentliche Spitäler hingegen nicht.
Diese Logik bedingt, dass in „normalen“ Jahren ein Gewinn für die Amortisation bestehender beziehungsweise für die Finanzierung zukünftiger Gebäude erzielt werden muss. Der ausserdem in Betracht kommende Grund für eine Gewinnerzielung, nämlich die Dividendenausschüttung an die Eigentümer, wurde in der Klinik Arlesheim per Statuten ausgeschlossen. Das garantiert, dass jeder erzielte Franken Überschuss ausschliesslich dem Erhalt und der Investitionsfähigkeit der Klinik und damit letztlich den Patientinnen und Patienten zugutekommt. Insbesondere die Erneuerung der Infrastruktur stellt im Spitalumfeld einen immerwährenden Kreislauf dar. Davon ist auch die Klinik Arlesheim nicht ausgenommen.
In die Jahre gekommene Infrastruktur
In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten konnte die Klinik Arlesheim von den Errungenschaften der Gründerzeiten profitieren. So sind die Hauptgebäude der Klinik zwischen 25 und 60 Jahre, die Nebengebäude zum Teil mehr als 80 Jahre alt. Das Alter und insbesondere der Zustand der Infrastruktur berechtigen durchaus zu kritischen Rückmeldungen von Patienten, Mitarbeitenden und Besuchern. Doch ist aufgrund des Alters der grösste Teil der Gebäude abgeschrieben, wodurch die entsprechenden Kosten, zum Beispiel die Fremdfinanzierungsquote und die damit verbundene Zinsbelastung für eine Unternehmung dieser Grössenordnung sehr tief sind. Auch die Kosten für notwendige Amortisationen waren in den letzten Jahren jeweils unterdurchschnittlich.
Mit dem anstehenden Neubau werden diese Kostenstrukturen auch in der Klinik Arlesheim in die von SwissDRG und der Politik angedachten Grössenordnungen zu liegen kommen. Die Kosten des Neubaus werden einen höheren Grad an Fremdfinanzierung nach sich ziehen; damit verbunden sind höhere Zinsen, Abschreibungen und Amortisationen. Diese Kosten sind in der Logik der Fallpauschalen einberechnet, es geht also nicht darum, dass sie nicht finanzierbar sind, sondern darum, dass wir mit den anderen anfallenden Kosten ebenfalls in den Bereich der Fallpauschalen kommen.
In diesem Sinn ist das Erzielen eines Gewinns weder ein Mittel, um einen Eigentümer zu beglücken, noch Zweck, einem standardisierten Fallpauschalensystem gerecht zu werden, sondern eine Voraussetzung, um auch nachfolgenden Generationen von Patientinnen und Patienten sowie Mitarbeitenden eine Medizin und eine Behandlung in der Klinik Arlesheim zu ermöglichen.
Kreative und innovative neue Wege gehen
Allein die Erkenntnis, dass das Erzielen eines Gewinns notwendig ist, um unser Weiterbestehen zu sichern, garantiert uns natürlich noch nicht, dass wir dies auch leisten können. Wie bereits erwähnt, stellt es in erster Linie ein grosses Spannungsfeld oder gar einen Zielkonflikt dar, in einem möglichst gleichgerichteten, standardisierten System eine individuelle Behandlung anbieten zu wollen.
Andererseits ist es bei näherer Betrachtung ja so, dass es zum Glück in der ganzen Schweiz kein Standardspital, keinen Standardmitarbeiter und schon gar keinen Standard-
patienten gibt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass das Spannungsfeld nicht eines der Klinik Arlesheim, sondern ein systembedingtes ist. Während also seit 2012 alle Spitäler
der Schweiz einen Weg suchen müssen, mit diesem Spannungsfeld zurechtzukommen, trägt die Klinik Arlesheim dieses „Gen“ bereits seit ihrer Gründung in sich.
Die individuelle Betrachtung der Menschen in Beziehung zu ihrer Umwelt ist für die Klinik Arlesheim nicht neu. Genauso gehört die Kreativität, die bei der Suche nach neuen Wegen, Behandlungen und Prozessen benötigt wird, nicht nur zur „DNA“ der Klinik, sondern ist gar wesentlicher Bestandteil unserer Therapien für unsere Patientinnen und Patienten. Aus dieser Perspektive stehen uns alle Instrumente für eine auch ökonomisch gesunde Zukunft zur Verfügung. Denn was es braucht, sind kreative und individuelle Lösungen. In diesem Sinn wird der eingeschlagene ökonomische Weg auch in Zukunft eine tragfähige Basis bilden für die Menschen, die sich in der Klinik Arlesheim begegnen.
Fachperson |
Patrick Meyer |
Arbeitsschwerpunkte | Ausbildung als Kaufmann, berufsbegleitendes Studium zum dipl. Betriebs- ökonom mit Vertiefungsrichtung Rechnungslegung/Controlling, seit März 2016 in der Klinik Arlesheim AG, davor 9 Jahre Würth AG Schweiz, 7 Jahre als Leiter Finanzen |
Kontakt | patrick.meyer@klinik-arlesheim.ch |