Was tun im Notfall?

Plötz­li­che star­ke Schmer­zen, nicht enden wol­len­de Kopf­schmer­zen, uner­klär­ba­re Schwin­del­an­fäl­le. Es gibt vie­le Situa­tio­nen, in denen man sich rasche Hil­fe wünscht. Wie die­se aus­se­hen kann – dar­über hat sich Vere­na Jäsch­ke mit zwei Pati­en­tin­nen und einem Pati­en­ten unter­hal­ten und deren Erfah­run­gen für die­se Aus­ga­be der „Quin­te“ zusam­men­ge­fasst.

Maja Hun­zi­ker*, 35 Jah­re

Da ist er wie­der: der all­zu bekann­te Schmerz, aus­strah­lend vom rech­ten Hin­ter­kopf zieht er sich bis an die Schlä­fen. Schon beim Auf­wa­chen am Mor­gen spü­re ich ihn. Den­noch begin­ne ich das Tage­werk – die Kin­der müs­sen zur Schu­le und wol­len vor­her ver­sorgt sein. Ich selbst las­se das Früh­stück aus­fal­len, brin­ge vor Übel­keit kei­nen Bis­sen hin­un­ter, mein Magen ist wie blo­ckiert durch den Schmerz.

Ich mache mich auf den Weg zur Arbeit, wohl wis­send, dass ich nicht voll ein­satz­fä­hig bin. Aber ich hal­te durch, erle­di­ge alles Not­wen­di­ge und gehe etwas frü­her heim. Mitt­ler­wei­le pocht und häm­mert es unun­ter­bro­chen in mei­nem Kopf. Ich schlep­pe mich ins Bett, was aber kei­ne gros­se Erleich­te­rung bringt. Viel­mehr scheint der Kopf durch das Lie­gen noch ange­spann­ter zu wer­den. Die Fami­lie kommt nach Hau­se, bringt genü­gend Ver­ständ­nis für mei­ne Situa­ti­on auf, so dass ich lie­gen blei­ben kann. Sie ver­sor­gen mich abwech­selnd mit kal­ten Tüchern für mei­ne Stirn – eine kurz­zei­ti­ge Wohl­tat.

Ich mache ein Fuss­bad mit Senf­mehl, was mir eine Freun­din emp­foh­len hat. Doch viel­leicht hät­te ich das frü­her machen müs­sen? Ich mer­ke kei­ne Wir­kung. An Schla­fen ist nicht zu den­ken, aber ich ver­su­che wenigs­tens ent­spannt zu lie­gen – immer mit der Hoff­nung, dass es bes­ser wird. Doch das wird es nicht. Auch als die Kin­der längst im Bett sind, lie­ge ich noch immer wach. Seit über 24 Stun­den habe ich nichts mehr geges­sen und getrun­ken. Und im Kopf häm­mert und häm­mert es wei­ter. Mir ist so schlecht. Ich bin ver­zwei­felt. Irgend­wann kom­men mir die Trä­nen – es ist der Punkt erreicht, an dem ich den Schmerz nicht mehr ertra­ge.

Mein Mann ergreift die Initia­ti­ve und bringt mich zur Kli­nik Arle­sheim, schliess­lich gibt es dort eine Not­fall­sta­ti­on. Es ist drei Uhr mor­gens, die äus­se­re Schie­be­tür öff­net sich, dann aber ste­hen wir vor einer ver­schlos­se­nen Tür. Wir ent­de­cken eine Klin­gel. Rasch nimmt jemand am ande­ren Ende unse­re Mel­dung ent­ge­gen, beschreibt den Weg zur Sta­ti­on und öff­net die Tür. Mei­nen Mann schi­cke ich nach Hau­se, er braucht schliess­lich auch Schlaf.

Auf dem Not­fall nimmt mich eine Pfle­gen­de in Emp­fang. Ich schil­de­re ihr kurz mein Pro­blem, und schon bringt sie mich in eines der Zim­mer, damit ich mich hin­le­gen kann. Sie misst Blut­druck, Puls, Tem­pe­ra­tur und bringt ein küh­les Tuch mit Arni­ka­es­senz, das sie mir zur Ent­span­nung auf die Stirn legt. Dann gibt mir sehr bit­te­re Trop­fen, die die Ver­dau­ung anre­gen sol­len. Sie holt mir noch zwei Wärm­fla­schen, denn mir ist sehr kalt

Dem Dienst­arzt berich­te ich von mei­nen star­ken Kopf­schmer­zen und mei­nen ver­geb­li­chen Ver­su­chen, die­se zu lin­dern. Er stellt die übli­chen Fra­gen, um den Kopf­schmerz genau­er zu defi­nie­ren. Aber mir ist es eigent­lich gleich, ob das nun eine Migrä­ne ist oder etwas ande­res. Die Schmer­zen sol­len ein­fach end­lich auf­hö­ren. Er schlägt mir eine Infu­si­on vor, schon des­we­gen, weil sich die vie­len Stun­den ohne Flüs­sig­keit wei­ter nega­tiv auf die Schmer­zen aus­wir­ken. Er erzählt mir, dass eine Ärz­tin der Kli­nik vor Jah­ren ver­schie­de­ne Sub­stan­zen kom­bi­nier­te – die­se Mischung hät­te sich bei Migrä­ne schon oft bewährt. Ich bin zum Ver­such bereit, und so legt mir die Pfle­gen­de die Infu­si­on an.

Zunächst schaue ich zu, wie die Flüs­sig­keit lang­sam aus dem Beu­tel tropft. Aber bald schlies­se ich die Augen. Die Pfle­gen­de bie­tet mir an, mei­ne Füs­se mit Laven­del­öl ein­zu­rei­ben, und schon erfüllt ein ange­neh­mer Duft den Raum. Die ruhi­gen, gleich­mäs­si­gen Bewe­gun­gen der Pfle­gen­den haben etwas sehr Medi­ta­ti­ves. Ich mer­ke, wie die Anspan­nung von mir abfällt. Ich kann mich der Ruhe hin­ge­ben. Nach über einer Stun­de ist die Infu­si­on fer­tig. Ich soll aber noch lie­gen blei­ben. Irgend­wann schaf­fe ich es, ein wenig zu schla­fen. Beim Auf­wa­chen mer­ke ich, dass es in mei­nem Kopf ruhi­ger gewor­den ist. Ich darf nach Hau­se. Und nächs­tes Mal weiss ich, wo ich not­falls Hil­fe erhal­ten kann.

Han­nes Kel­ler*, 56 Jah­re 

Oh, die­se Schmer­zen! Wie ange­flo­gen. Ich kann sie nicht ein­mal genau loka­li­sie­ren. Irgend­wo im Bauch. Ich pres­se mei­ne Hand in die Sei­te, krüm­me mich etwas, so scheint mir der Schmerz erträg­li­cher. Was tun? Mei­ne Frau ruft in der Kli­nik Arle­sheim an und fragt, ob ich mit sol­chen Schmer­zen kom­men kann. Selbst­ver­ständ­lich, heisst es. Wir machen uns also auf den Weg. Ich weiss nicht, wie ich mich im Auto hin­set­zen soll. Die Schmer­zen sind mir uner­träg­lich. Auf dem Not­fall nimmt mich eine freund­li­che Schwes­ter in Emp­fang. Ich neh­me aller­dings die Freund­lich­keit kaum wahr, mei­ne Frau berich­tet mir erst spä­ter dar­über.

Die Schwes­ter misst Puls und Blut­druck und noch mehr. Auch das bekom­me ich nicht wirk­lich mit. Ich beschrei­be dem Dienst­arzt die Schmer­zen. Dar­auf­hin will er unbe­dingt eine Ultra­schall­un­ter­su­chung machen. Die­se bestä­tigt sei­nen Erst­ver­dacht: Ich habe einen klei­nen Stein in der Nie­re. Wo der wohl her­kommt? Er ist klein genug, dass er nicht durch eine Ope­ra­ti­on ent­fernt wer­den muss. Wenigs­tens das, aber: Wie wer­de ich ihn nun wie­der los? Der Arzt bespricht mit mir das Vor­ge­hen. Zunächst erhal­te ich Mit­tel gegen die star­ken Schmer­zen und ande­re Trop­fen, die mei­nen Kreis­lauf unter­stüt­zen. Ich soll in der nächs­ten Zeit viel trin­ken, und dann heisst es war­ten, bis sich das Stein­chen vor­ar­bei­tet. Das Schmerz­mit­tel nimmt dem Schmerz die Hef­tig­keit. Nach einer Sprit­ze mit Chamomilla/Tabacum ver­schwin­den sie.

Eine Pfle­gen­de legt mir einen heis­sen Nie­ren­wi­ckel an und ver­rät mir, dass für die Nie­re Equi­se­tum (Schach­tel­halm) am bes­ten ist. Sie hat damit einen Tee gekocht und eine Nie­ren­kom­pres­se vor­be­rei­tet. Sie hüllt mich in war­me Tücher ein. Nach dem Wickel blei­be ich wei­ter ein­ge­hüllt lie­gen, ich soll nach­ru­hen. Dank der Schmerz­mit­tel kann ich das auch ent­spannt tun.

Um den Weg des Stein­chens nach draus­sen zu erleich­tern, stei­ge ich die Trep­pe hoch und run­ter, hoch und run­ter. Das geht auch nur dank der Schmerz­mit­tel. Der Urin wird gesiebt, damit kann das Stein­chen auf­ge­fan­gen wer­den. Und nach etli­chen Stun­den wird es sicht­bar! Offen­bar ging das bei mir sehr schnell, das kann wohl auch Tage dau­ern. Der Arzt schickt es zur Ana­ly­se ins Labor. Denn je nach Zusam­men­set­zung kön­ne man mir Emp­feh­lun­gen geben für die Ernäh­rung. Solch ein Nie­ren­stein kann sich offen­bar jeder­zeit wie­der bil­den, aber mit einer ent­spre­chen­den Ernäh­rung kann man dem vor­beu­gen. Wenn ich an mei­ne Schmer­zen den­ke, scheint es mir gar nicht schlimm, stär­ker dar­auf zu ach­ten, was ich esse.

Autoren10

Fach­per­son Vere­na Jäsch­ke
Arbeits­schwer­punk­te Diplo­mier­te Public Rela­ti­ons-Bera­te­rin
Seit 1996 an der Ita Weg­man Kli­nik tätig (jetzt: Kli­nik Arle­sheim), seit 2001 Redak­ti­on „Quin­te“, seit 2003 Beauf­trag­te für Kom­mu­ni­ka­ti­on, zustän­dig für Öffent­lich­keits­ar­beit und Mar­ke­ting
Kon­takt Tele­fon 061 705 72 14      verena.jaeschke@klinik-arlesheim.ch

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