
Die Gastroenterologie der Klinik Arlesheim hat ihre technischen Möglichkeiten ausgebaut. Dr. med. Leonhard Knittel, der seit Jahresanfang zum Team der Klinik gehört, berichtet über diesen Kompetenzzuwachs im Gesamtsetting der Integrativen Medizin.
Die Entwicklung der Gastroenterologie an der Klinik Arlesheim begann vor gut drei Jahren. Seitdem wurden sowohl die personellen als auch die technischen Möglichkeiten sukzessive erweitert.
Von innen sehen können
Bauchschmerzen kommen als Anzeichen für zahlreiche Magen-Darm-Erkrankungen infrage. Oft hängen sie mit einer ungünstigen Ernährung oder einer Nahrungsmittelunverträglichkeit zusammen. Doch manchmal rufen auch andere Ursachen Magen-Darm-Erkrankungen hervor. Zudem befinden sich im Bauchraum neben Magen und Darm viele andere Organe, die ebenfalls eine mögliche Ursache für die Bauchschmerzen sein können, etwa die Bauchspeicheldrüse oder die Galle.
Für weitergehende Abklärungen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten bewährt, dass der Bauchraum von innen angeschaut werden kann. Man spricht dabei von Endoskopien (griechisch: Endo – von innen, skopein – sehen). So dient eine Koloskopie (Darmspiegelung) der Untersuchung des Dickdarms und meistens auch der letzten Zentimeter des Dünndarms, und mithilfe der Gastroskopie ist es möglich, das Innere der Speiseröhre, des Magens und des Zwölffingerdarms anzusehen. Neben diesen Standardendoskopien inklusive der damit möglichen Interventionen (wie Polypen entfernen, Blutungen stillen, Stents einlegen) können wir neu die Endosonographie des oberen und unteren Gastroentestinaltrakts anbieten.
Genaueste Bilder möglich
Die Endosonographie ist die kombinierte Untersuchung mit einem Videoendoskop und einem Ultraschall-Applikator, der an der Endoskopspitze integriert ist. Mit dieser Technik können insbesondere die um den Verdauungstrakt liegenden Organe und die Wand des Verdauungstrakts bestmöglich beurteilt werden.
Endoskopien werden manchmal als „Kanalfernsehen“ bezeichnet, weil man in die Teile unseres Körpers hineinschauen kann, die mit der Verdauung zu tun haben. Mit der Endosonographie können wir definitiv einen Schritt weitergehen, indem wir mit dem Ultraschall in die umliegenden Organe und in die Wand hineinschauen können. Diese Möglichkeit des Ultraschalls bietet die höchste Auflösung, um die benannten Strukturen darzustellen.
Eine solche Untersuchung wird zum Beispiel gemacht, um die Ursache für Oberbauchkoliken abzuklären, speziell ob im Gallengang ein Gallenstein gefangen ist. Mit dem Endoskop gehe ich bei der Magenspiegelung bis zum Eingang des Gallengangs (im Zwölffingerdarm), dann schalte ich den Ultraschall dazu. Dadurch kann ich den Gallengang ganz genau nach Steinen oder auch nach Tumoren absuchen. Das ist die genaueste Diagnostik, die heute möglich ist. Wenn man bei dieser Untersuchung Steine im Gallengang findet, dann haben wir jetzt die Möglichkeit, diese bei einer Gallengangspiegelung (ERCP – endoskopisch retrograde Cholangio-Pankreatikografie) zu entfernen. Diese Behandlung führen wir Klinikärzte bei unserem Kooperationspartner, dem Spital Dornach, durch.
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen abklären
Mit der Endosonographie haben wir auch eine Möglichkeit, unklare Tumorformationen oder Zysten in der Bauchspeicheldrüse zu punktieren, um zu einer eindeutigen Diagnose zu kommen. Dazu führen wir eine Feinnadelpunktion von innen durch die Magenwand durch.
Normalerweise merkt der Mensch seine Bauchspeicheldrüse nicht. Warum sollten wir diese untersuchen? Dazu ein Beispiel: Wenn sich ein neu aufgetretener Diabetes des Typs II nicht durch die Konstitution des betroffenen Menschen erklären lässt (schlanker Mensch), dann sucht man weiter. Mittels Endosonographie kann man die Bauchspeicheldrüse nach morphologisch fassbaren Veränderungen absuchen, um so möglichst früh zur Diagnose eines Bauchspeicheldrüsentumors zu kommen und dadurch die Therapiemöglichkeiten gross zu halten.
Durch die heute möglichen radiologischen Verfahren MRT (Magnetresonanztomographie) oder CT (Computertomographie) werden immer häufiger Bauchspeicheldrüsenzysten diagnostiziert, die eine Vorstufe eines Bauchspeicheldrüsentumors sein können (Pankreaskarzinom). Bestimmte Arten von Zysten haben eine hohe Wahrscheinlichkeit, zu einem Pankreaskarzinom zu werden. Endosonographisch kann man diese dann weiter differenzieren: Wie schaut die Zyste aus? Welches Verhältnis hat sie zum Bauchspeicheldrüsengang? Ist sie knotig berandet oder hat sie eine glatte Wand? Mittels dieser Differenzierung kann man zur Entartung neigende Zysten feststellen und durch deren operatives Entfernen einen Bauchspeicheldrüsenkrebs verhindern.
An der Bauchspeicheldrüse können zudem chronische Entzündungen festgestellt werden, die die Ursache von Oberbauchschmerzen darstellen können.
Raumforderungen an der Magen-Darm-Wand
Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen. Die meisten Darmkrebserkrankungen entwickeln sich aus zunächst gutartigen Darmpolypen. Mit der Endosonographie können gutartige von bösartigen Veränderungen der Darmwand unterschieden werden.
Die Darmwand hat verschiedene Schichten. Polypen stehen manchmal wie eine Linse in der Wand, manchmal wachsen sie in den Raum hinein. Bei Unklarheit werden diese Veränderungen mit einer feinen Nadel von innen – für den Patienten schmerzfrei – ultraschallgezielt punktiert. Mit anderen Worten, mit dem Ultraschall schaue ich durch die Darmwand, sehe, dass sich dort eine Raumforderung befindet und wie diese in der Wand aussieht. Zudem kann ich mittels Gewebsdoppler darstellen und einschätzen, wie stark die Raumforderung durchblutet ist. Ich kann mittels Ultraschall sehr genau zielen und mit der ultrafeinen Hohlnadel am Gerät etwas vom veränderten Gewebe absaugen. Dieses Material lasse ich dann durch den Pathologen beurteilen.
Die wichtigen Vorsorgeuntersuchungen sollte man nicht verpassen, dienen sie doch dazu, Polypen frühzeitig zu erkennen, zu entfernen und so unter Umständen Krebserkrankungen zu verhindern oder so früh festzustellen, dass eine Therapie möglich ist.
Auch auf das Ausmass einer Raumforderung kommt es an
Endosonographie ist zudem hilfreich für das Staging von Karzinomen, das heisst für die Festlegung, wie gross ein Karzinom ist. Mit der Kamera sehe ich, da ist der Krebs. Ich sehe noch nicht, wie tief er eindringt oder ob er in andere Organe einwächst. Das kann ich mit dem Ultraschall feststellen. Das ist der Goldstandard, um das Staging der Tumore durchzuführen– sowohl über den Mund bei der Magenspiegelung als auch über den Darm bei Enddarmkrebs (Rektumkarzinom).
Die Einordnung der Tumorgrösse ist wesentlich für die Planung der weiteren Behandlung. Der Tumor geht von den Organwänden aus, wächst von da aus aber möglicherweise in die Tiefe – je nachdem, ob der Tumor die Wandgrenzen überschreitet, ändert sich die Therapie. Deshalb ist die gute Zusammenarbeit zwischen Gastroenterologen und Chirurgen so wichtig. Der Chirurg muss genau wissen, wie es aussieht, damit er entsprechend operiert.
Die Leber gezielt untersuchen
In der Klinik haben wir ein High-End-Ultraschallgerät, das eine Kontrastmittelsonographie und moderne Verfahren der Organdichtemessungen, wie Sheare Wave Sonographie, ermöglicht. Mit Kontrastmittelsonographie wird insbesondere die Leber nach fokalen oder regionalen Veränderungen untersucht. Gut- und bösartige Leberveränderungen lassen sich damit unterscheiden, weil sich das Kontrastmittel in den gut- und bösartigen Teilen anders verteilt. Anders als das Röntgenkontrastmittel, das sich negativ auf Schilddrüse und Nieren auswirken kann, hat dieses im Prinzip keine Nebenwirkungen.
Die Kontrastmittelsonographie ist besonders wichtig für das Staging von Tumorerkrankten, zum Beispiel um festzustellen, ob Lebermetastasen (Absiedlungen) vorhanden sind. Entsprechend kann die Therapie angepasst werden. Insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit Niereninsuffizienz, die kein Röntgenkontrastmittel haben dürfen, aber auch bei sehr kleinen Läsionen ist dies eine elegante und schonende Möglichkeit, zu einer sicheren Diagnose zu kommen, die oft auch komplementär zur MRT der Leber eingesetzt wird. Keines der Verfahren bringt eine hundertprozentige Sicherheit, doch mit beiden zusammen kommen wir den 100 Prozent sehr nah.
Was führt Patientinnen und Patienten zu unseren Gastroenterologen?
Indikationen für gastroenterologische Konsultationen können Reizmagen und Reizdarm, chronisch entzündliche Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa, Morbus Chron), Lebererkrankungen, Erkrankungen in Zusammenhang mit Verstopfung und Durchfall sein. Nahrungsmittelunverträglichkeiten können in unserem Funktionslabor diagnostiziert werden. In diesem ist auch die Diagnostik von Stuhlinkontinenz sowie die Funktionsdiagnostik des oberen Verdauungstrakts möglich. Zudem sind hier Diagnose und Verlaufskontrolle gastrointestinaler Tumorerkrankungen möglich – in enger Abstimmung mit der Onkologie im Haus. In der Therapie der diversen gastroenterologischen Erkrankungen nutzen wir die integrativen Ansätze der Anthroposophischen Medizin, sodass ein Therapiekonzept entstehen kann, das dem einzelnen Menschen gerecht wird.
“An der Klinik Arlesheim als Gastroenterologe tätig zu sein, bedeutet für mich, die sinnvolle und technisch auf modernstem Stand befindliche Endoskopie zu integrieren in eine den gesamten Menschen wahrnehmende Medizin mit den hier angebotenen umfangreichen therapeutischen Möglichkeiten.”
Fachperson |
Dr. med. Leonhard Knittel |
Arbeitsschwerpunkte | Facharzt Gastroenterologie, Allgemeinmedizin, Allgemeine Innere Medizin, Zusatzbezeichnung Palliativmedizin und Notfallmedizin, seit 2020 an der Klinik Arlesheim. Anthroposophischer Arzt (GAÄD) |
Kontakt | leonhard.knittel@klinik-arlesheim.ch |