Schildbürgerstreich der Sonderklasse

Ein kom­ple­men­tär­me­di­zi­nisch täti­ger Arzt ver­ur­sacht zulas­ten der obli­ga­to­ri­schen Kran­ken­ver­si­che­rung ledig­lich halb so vie­le Kos­ten wie der Durch­schnitt aller Ärz­te, die als Grund­ver­sor­ger tätig sind. Pro Pati­ent sind bei ihm die Medi­ka­men­ten­kos­ten um rund ein Vier­tel tie­fer. Sei­ne Pati­en­ten sind deut­lich zufrie­de­ner, die Hei­lungs­fort­schrit­te bes­ser und die Neben­wir­kun­gen der The­ra­pi­en und Medi­ka­men­te gerin­ger – obwohl er schwe­rer kran­ke und mehr chro­nisch kran­ke Pati­en­ten behan­delt als ein schul­me­di­zi­nisch täti­ger Arzt.

All das ist offen­sicht­lich für Bun­des­rat Pas­cal Cou­ch­e­pin nicht rele­vant. Unter weit­ge­hen­der Miss­ach­tung sowohl der wis­sen­schaft­li­chen Ergeb­nis­se des Pro­gramms Eva­lua­ti­on Kom­ple­men­tär­me­di­zin (PEK) als auch des Volks­wil­lens ver­füg­te er selbst­herr­lich, die fünf Metho­den der Kom­ple­men­tär­me­di­zin sei­en mit Aus­nah­me der Aku­punk­tur wie­der aus dem Grund­ver­si­che­rungs­ka­ta­log zu strei­chen. Er will damit Kos­ten spa­ren. Genau­so gut hät­te er for­dern kön­nen, man müs­se bei Über­ge­wich­ti­gen das Gemü­se vom Menü­plan strei­chen, um so Kalo­ri­en ein­zu­spa­ren.

Wenn die Ange­le­gen­heit nicht der­art ernst wäre, könn­te man ihr durch­aus eine hei­te­re Note abge­win­nen. Der Fehl­ent­scheid von Bun­des­rat Cou­ch­e­pin hat jedoch für vie­le unan­ge­neh­me Fol­gen: Man­che Pati­en­ten wer­den kom­ple­men­tär­me­di­zi­ni­sche Behand­lun­gen ver­mehrt aus der eige­nen Tasche bezah­len müs­sen; vor allem jene, die zu krank oder zu alt sind, um bei ihrer Kran­ken­kas­se eine kom­ple­men­tär­me­di­zi­ni­sche Zusatz­ver­si­che­rung abschlies­sen zu kön­nen. Und die ande­ren müs­sen nun eine Zusatz­prä­mie berap­pen – sozu­sa­gen als Dank dafür, dass sie der Grund­ver­si­che­rung bil­li­ger zu ste­hen kom­men. Auch letz­te­res hat im Übri­gen das PEK-For­schungs­pro­jekt gezeigt.

Dass die ärzt­li­che Kom­ple­men­tär­me­di­zin aus der Gesund­heits­ver­sor­gung ver­schwin­den wird, ist zwar
nach dem Cou­ch­e­pin-Ent­scheid nicht zu befürch­ten. Auch die Ita Weg­man Kli­nik wird wei­ter bestehen. Ein­schnei­den­de Fol­gen für die kom­ple­men­tär­me­di­zi­ni­sche Ver­sor­gung wür­den jedoch dann ent­ste­hen, wenn im Nach­gang zum Cou­ch­e­pin-Ent­scheid auch die – wirk­sa­men, zweck­mäs­si­gen und wirt­schaft­li­chen (!) – kom­ple­men­tär­me­di­zi­ni­schen Heil­mit­tel wie­der aus der Spe­zia­li­tä­ten­lis­te gestri­chen wür­den. Dann wäre zu befürch­ten, dass im klei­nen Schwei­zer Bin­nen­markt plötz­lich wich­ti­ge kom­ple­men­tär­me­di­zi­ni­sche Medi­ka­men­te nicht mehr erhält­lich wären.

Um so wich­ti­ger ist nun, dass wir gemein­sam Gegen­steu­er geben, um den Cou­ch­e­pin-Ent­scheid schon bald zu kor­ri­gie­ren. Für die Volks­in­itia­ti­ve „JA zur Kom­ple­men­tär­me­di­zin“ wur­den in nur neun Mona­ten bereits 150  000 Unter­schrif­ten gesam­melt.
Herz­li­chen Dank allen, die dabei mit­ge­hol­fen haben! Die Initia­ti­ve hat dank Bun­des­rat Cou­ch­e­pin zusätz­li­che Unter­stüt­zung und Rücken­wind erhal­ten. Auch so gese­hen war sein Fehl­ent­scheid ein Schildbürger­streich.

Autoren126

Fach­per­son Chris­toph Oling
Arbeits­schwer­punk­te Seit 1980 an der
Ita Weg­man Kli­nik als Geschäfts­füh­rer tätig. Zuvor Aus­bil­dung im Treu­hand­we­sen, eige­ne Fir­ma mit Aus­rich­tung Sozi­al-, Steu­er-, Betriebs­be­ra­tung, Gastro­nomie. Langjäh­rige poli­ti­sche Tätig­keit, Gemein­de­rat. Spä­ter Gesund­heits­po­li­tik.
Wei­ter­bil­dung in Spital­führung. Vor­stands­mit­glied ffg – forum für ganz­heits­me­di­zin, Trä­ge­rin der Eidg. Volks­initiative „JA zur Kom­ple­men­tär­me­di­zin“ sowie ande­rer Ver­ei­ne und Stif­tun­gen.
Kon­takt christoph.oling
@wegmanklinik.ch

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