Schicksal und eigene Erkrankung — Gedanken einer Patientin

Von Mar­tin Buber stammt die­ser Satz:
„Gott redet durch die Din­ge und Men­schen, die er ihm (dem Men­schen) in den Weg gibt, und der Mensch ant­wor­tet dar­auf mit der Art, wie er damit umgeht.“

Ich habe mei­ne Krank­heit immer als Her­aus­for­de­rung ange­se­hen. Die Rol­le des Opfers ist nicht mei­ne. Wenn mir etwas zustösst, so habe ich immer ver­schie­de­ne Mög­lich­kei­ten, dar­auf zu reagie­ren.

Von der Ver­drän­gung zum Lern­pro­zess
Nach der Dia­gno­se war bei mir zuerst eine Art von Ver­drän­gung, im Sin­ne von: „Ich habe Krebs, na und?“ So lau­tet ein Buch­ti­tel, der mei­ner ers­ten Reak­ti­on sehr nahe kommt. Natür­lich war da auch viel ver­steck­te, ver­dräng­te Angst dabei. Mei­ne Fra­ge war nie „War­um gera­de ich?“, son­dern es war eine jah­re­lan­ge Suche nach dem „Was will mir die­se Krank­heit sagen?“ Dabei wur­de ich zu Beginn von eini­gen unge­schick­ten The­ra­peu­ten beglei­tet, was mich heu­te sagen lässt: bes­ser kei­nen als einen schlech­ten The­ra­peu­ten. Das änder­te sich glück­li­cher­wei­se, als ich die Lukas Kli­nik kennen­lernte. Von die­sem Zeit­punkt an gab mir das Schick­sal sehr hilf­rei­che Men­schen auf den Weg.

Aner­ken­nen, Anneh­men und Los­las­sen
Etwas vom Wich­tigs­ten ist der Umgang mit der Angst, dem Aus­ge­lie­fert­sein, der Macht­lo­sig­keit. Die Angst vor der Angst. Ich muss­te zuerst ler­nen hin­zu­schau­en. Die Er­fahrung, dass ich kei­ne Kon­trol­le dar­über habe, was in mei­nem Kör­per geschieht, dass nie­mand Kon­trol­le dar­über hat; die Unge­wiss­heit, die Angst vor und das Aus­hal­ten von Schmer­zen – es geht immer wie­der um das Aner­ken­nen von dem, was ist, und dann ums Los­las­sen. Und das ist nicht ein­fach. Anneh­men was ist, ohne Zäh­ne­knir­schen, ohne Resi­gna­ti­on. „Ja“ sagen zum Schick­sal ist eine lebens­lan­ge Schu­lung. Eben­so das Üben, ganz in der Gegen­wart zu sein. Für mich sehr hilf­reich ist da die täg­li­che Medi­ta­ti­on, die ich nun schon seit mehr als zehn Jah­ren prak­ti­zie­re.

Hei­lung ist etwas Umfas­sen­des
Ich glau­be, dass Hei­lung immer mög­lich ist, dass wir sie aber nicht wil­lent­lich her­bei­füh­ren kön­nen und dass sie nicht dar­in besteht, alle mög­li­chen The­ra­pi­en aus­zu­füh­ren. Hei­lung heisst auch nicht unbe­dingt, dass der Kör­per unver­sehrt ist. Ich glau­be, dass es auch eine „inne­re Hei­lung“ gibt und dass man geheilt ster­ben kann. Die­se Krank­heit ist ein Weg und wenn das Schick­sal die nöti­ge Kraft und die rich­ti­gen Men­schen zur Unter­stüt­zung gibt, dann ist es ein Weg, der zum Licht führt. Mich hat die­ser Weg ver­än­dert, hat mich wach­ge­rüt­telt, mich mit Men­schen in Kon­takt gebracht, denen ich sonst viel­leicht nicht begeg­net wäre, mir Erleb­nis­se beschert, die ich nicht mis­sen möch­te, und dafür bin ich dank­bar.

Edith Faesch, Janu­ar 2008

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