
Gerade die Anthroposophische Pflege hält mit ihren Äusseren Anwendungen eine Vielzahl von Möglichkeiten bereit, die sowohl bei akuten als auch bei chronischen Erkrankungen rasch Linderung bringen.
Zeitmanagement ist auf dem Notfall wichtig
Ich habe Dienst auf der Notfallstation und bin gefordert: Die Kollegin von der internistischen Station holt gerade eine Patientin ab, die vom Notfall dorthin verlegt wird. Im Vorbeigehen sagt mir die Ärztin, dass sie die Verordnungen für die zwei Neueintritte soeben gemacht habe und dass wir doch bei beiden Patientinnen Blut abnehmen sollen. Ich nicke. Es klingelt, zum Glück ist meine Dienstkollegin gerade frei und kann sehen, was die Patientin im Zimmer 4 braucht.
An der Aufnahme sehe ich einen älteren Herrn mit silberweissem Haar, der unserer Kollegin mit schmerzverzogenem Gesicht seine Daten angibt. Es ist offensichtlich: Er muss sich bald hinlegen können. Der Bettplatz muss also rasch bereitgestellt werden. Darum fokussiere ich auf die Übergabe an meine Kollegin. Ich verabschiede mich noch von der Patientin und bereite das soeben freigewordene Bett und das Zimmer vor.
Die Blutentnahmen sind dringend, darum bespreche ich mich mit meiner Kollegin: Sie übernimmt eine und ich die andere. Danach kann ich mich endlich um den Herrn kümmern.
Erste Anamnese
Aus den Informationen der Aufnahme sehe ich, dass der Mann, Herr K., mit starken Bauchschmerzen gekommen ist. Mit der Ärztin verabrede ich, dass ich umgehend eine Blutentnahme mache und eine Infusion ohne Zusätze anhänge, um für alle Fälle gerüstet zu sein.
Ich hole Herrn K. vom Empfang und begleite ihn zu seinem Bett. Er legt sich hin, mit angezogenen Beinen, und hält sich den linken Unterbauch. Beim Hinlegen kneift er die Augen zusammen und zieht laut Luft zwischen den Zähnen ein.
Ich frage ihn nach der Lokalisation und der Stärke der Schmerzen. Er zeigt auf seinen linken Unterbauch und gibt auf der Schmerzskala (von 0 — kein Schmerz — bis 10 — extreme Schmerzen -) eine 7 an, was einem starken Schmerz gleichkommt.
Ich messe Blutdruck, Puls und Temperatur; alle drei Werte sind erhöht. Der Schmerz sei plötzlich gekommen, krampfartig, sagt Herr K., er habe sofort gemerkt, dass etwas nicht stimme. Ich lege über eine Vene am Unterarm einen peripheren Zugang, nehme Blut ab und hänge die Infusion an. Der Patient äussert auch leichte Übelkeit. Bevor ich das Zimmer verlasse, unterstütze ich ihn noch bei der Positionierung im Bett und erkläre ihm die Klingelanlage.
Im Stationsbüro trage ich seine Werte im digitalen Dokumentationssystem ein und tausche mich gleichzeitig mit der Ärztin aus. Ich berichte, was ich von Herrn K. wahrgenommen habe, und dass er etwas gegen die Schmerzen brauche. Als pflegerische Geste steht klar das Entlasten im Vordergrund. Die Ärztin geht nun zu ihm, und ich kümmere mich um die Verordnungen der anderen Patienten. Bald liegen die Blutwerte von Herrn K. vor: Sie zeigen eine Erhöhung der Entzündungswerte.
Ein Wickel lindert die Beschwerden
Nach der Konsultation besprechen wir uns: Herr K. soll eine Injektion mit einem anthroposophischen Heilmittel gegen die Schmerzen erhalten, ausserdem Tropfen gegen die Übelkeit und eine Bauchauflage mit Mercurialis-Salbe (Bingelkraut). Die Ärztin vermutet eine Divertikulitis, sie ordnet noch eine Ultraschalluntersuchung an.
Rasch mache ich mich an die Vorbereitungen: Spritze aufziehen, Tropfen austropfen, Wickel vorbereiten. Dazu wärme ich ein Flanelltuch mit einer Wärmflasche vor und streiche die Salbe dünn auf ein doppeltes Baumwolltuch. Dieses falte ich zusammen, stecke es in eine Plastiktüte und lege es auf die Wärmflasche. Bis ich bei Herrn K. bin, ist die Auflage nicht mehr so kühl. Im Zimmer verabreiche ich ihm die Tropfen und die Injektionen.
Herr K. ist nach wie vor verkrampft und angespannt. Ich schiebe seine Kleidung nach oben, damit der Bauch frei wird. Unter den Rücken lege ich das vorgewärmte Tuch – Herr K. macht ein Geräusch des Wohlbehagens. Ich nehme die Auflage aus der Tüte und falte sie auf. Mit der Salbenseite lege ich sie auf den Bauch und schlage das Flanelltuch darum. Dann ziehe ich die Kleidung wieder nach unten und decke ihn gut zu. Ich sage ihm, dass ich in einer halben Stunde wieder bei ihm sein werde, wenn er sich nicht von sich aus melde. Er nickt matt.
Entscheidung gegen eine antibiotische Behandlung
Herr K. meldet sich nicht. Kurz bevor ich wieder zu ihm gehen will, kommt der Aufruf für die Ultraschalluntersuchung. Meine Kollegin begleitet ihn dorthin. Dabei äussert er, dass die Übelkeit etwas weniger sei und der Schmerz auch nachgelassen habe, aber immer noch gut spürbar sei.
Nach dem Ultraschall ist die Diagnose gesichert: Divertikulitis Stadium 1a. Zusammen mit Herrn K. besprechen wir das weitere Vorgehen. Aufgrund der Blutwerte und auch seinem sonstigen Zustand steigen wir ohne Antibiotika in die Behandlung ein. Er erhält eine Kurzinfusion mit Buscopan (ein krampflösendes Mittel), um dem Schmerz die Spitze zu nehmen. Wieder in seinem Bett, fragt er nach dem Wickel – ob er den vielleicht noch einmal haben könne? Der sei sehr angenehm gewesen. Ich lege ihn noch einmal auf. Er entspannt sich zunehmend.
Weitere unterstützende Massnahmen
Im Stationsbüro bereite ich die Verlegung vor – Herr K. soll stationär bleiben. Die Mercurialis-Salbenauflage wird auch dort weitergeführt werden, um das Ausheilen der Entzündung zu unterstützen.
Die Kollegin von der Station holt Herrn K. ab, und wir machen die Übergabe. Danach verabschiede ich mich von ihm und wünsche ihm alles Gute. Seine Gesichtszüge sind bereits entspannter, und der Blick ist etwas hoffnungsvoller.
Im weiteren Verlauf hat Herr K. kein Antibiotikum benötigt. Unter strenger Beobachtung der Vital- und Blutwerte konnte mit Hilfe von Nahrungsumstellung, medikamentöser Therapie und dem Einsatz der anthroposophischen Heilmittel sowie mit Äusseren Anwendungen eine Verbesserung der Situation und das Abklingen der Entzündung erreicht werden.
Fachperson |
Rebekka Lang |
Arbeitsschwerpunkte | Seit 2008 an der Klinik Arlesheim tätig als dipl. Pflegefachfrau, seit 2012 vermehrt Aufgaben in der Ausbildung, heute Ausbildungsverantwortliche Pflege.Grundkurs Anthroposophische Pflege. Expertin Rhythmische Einreibungen IFAN. |
Kontakt | rebekka.lang@klinik-arlesheim.ch |