Qualität mit Geschmack

Lebens­mit­tel aus bio­lo­gisch-dyna­mi­schem Anbau wei­sen eine hohe Vital­kraft auf. Das kann mit­tels Kris­tal­li­sa­ti­ons­bil­dern gezeigt und nach­ge­wie­sen wer­den. Wor­auf aber wird in einer Spi­tal­kü­che geach­tet, damit die Fül­le der Lebens­kräf­te die­ser gesun­den Roh­stof­fe auch tat­säch­lich zum Men­schen gelangt? Vere­na Jäsch­ke befrag­te dazu Sabi­ne Hagg, Küchen­che­fin der Ita Weg­man Kli­nik.

Was ist für Sie beim Kochen beson­ders wich­tig?

Grund­sätz­lich gilt für mich in der Küche: Nah­rungs­mit­tel wer­den frisch ver­wen­det. Tief­kühl­pro­duk­te kom­men nur in Aus­nah­me­fäl­len zur Anwen­dung, auch die Bio-Qua­li­tät macht aus Tief­kühl­pro­duk­ten kei­ne akzep­ta­ble Alter­na­ti­ve zur Frisch­kost. Dafür gibt es für mich meh­re­re Grün­de. Nach dem Auf­tau­en haben die Tief­kühl­pro­duk­te noch einen hohen Gehalt an Inhalts­stof­fen, zum Bei­spiel Vit­ami­nen. Ihre Ver­falls­zei­ten stei­gen nach kur­zer Zeit um ein Viel­fa­ches an. Beim Gefrie­ren wird die Zell­struk­tur des Lebens­mit­tels zer­stört, die Lebens­kräf­te in den Nah­rungs­mit­teln, die wir auch als Form­kräf­te schät­zen, kön­nen uns weni­ger unter­stüt­zen. Unter ande­rem emp­fin­de ich dies auch als ein ener­ge­ti­sches Pro­blem. Die ehe­mals gefro­re­nen Lebens­mit­tel tra­gen in sich die ent­spre­chen­de Infor­ma­ti­on. Beim Ver­dau­ungs­pro­zess muss dann der Kör­per ein zusätz­li­ches Mass an Ener­gie auf­wen­den und Wär­me zufüh­ren.
Zudem wur­de fest­ge­stellt, dass Tiefkühlpro­dukte ver­mehrt zu Blä­hun­gen füh­ren.

Fri­sche ist ja auch ein rela­ti­ver Begriff.
Wie gewähr­leis­ten Sie die­se in Ihrer Küche?

Vor­aus­set­zung für Fri­sche ist zum einen, dass der Salat täg­lich gelie­fert wird, sofern mög­lich aus der eige­nen Gärt­ne­rei. Gemü­se­lie­fe­run­gen kom­men vier- bis fünf­mal die Woche. Aus Qua­li­täts­grün­den bevor­zu­ge ich natür­lich den Ein­kauf von Deme­ter- oder Bio-Pro­duk­ten. Wenn immer mög­lich kau­fe ich bei regio­na­len Bau­ern ein, da in ihren Pro­duk­ten die Kraft unse­rer Regi­on, unse­rer Umge­bung steckt. Das hat natür­lich auch öko­lo­gi­sche Grün­de. Frisch heisst aber auch, dass mei­ne Mit­ar­bei­ter das Gemü­se täg­lich nach Bedarf rüs­ten.

Und ein sehr wesent­li­cher Aspekt ist der, dass das Essen frisch gekocht und sofort in Wär­me­wa­gen auf die Sta­tio­nen gebracht wird.
Kochen, Schock­küh­len, Auf­wär­men, in Wär­me­wa­gen zum Pati­en­ten brin­gen – so läuft der Pro­zess lei­der häu­fig in Spi­tal­kü­chen ab. Dies ver­su­chen wir nach Mög­lich­keit zu ver­mei­den.

Nun müs­sen die Lebens­kräf­te, die in der Nah­rung ste­cken, ja auch auf­ge­nom­men wer­den kön­nen. Wie unter­stüt­zen Sie die­sen Pro­zess?

Das gelingt uns vor allem mit Gewür­zen und Kräu­tern. Wir mah­len die Kräu­ter und Gewür­ze meist frisch, damit die äthe­ri­schen Öle erhal­ten blei­ben. Die Gewür­ze kön­nen und sol­len im Gar­pro­zess bereits mit dabei sein, Kräu­ter, vor allem die fri­schen, wer­den erst am Schluss dazu­ge­ge­ben. Bei schwer­ver­dau­li­chen Gemü­sen ist es beson­ders wich­tig, dass mit Gewür­zen gear­bei­tet wird. Kohl ist so starr in sei­ner Struk­tur, da braucht es etwas, um an die Kräf­te her­an­zu­kom­men. Erst dann kann er sie dem Men­schen wei­ter­ge­ben. Mit Küm­mel, Fen­chel, Kreuz­küm­mel, Anis oder Kori­an­der gibt es eine gros­se Aus­wahl an Gewür­zen, mit denen sich nicht nur Kohl „auf­be­rei­ten“, das heisst ver­dau­lich machen, lässt.

Je wert­vol­ler ein Gemü­se von der Qua­li­tät her ist, um so mehr Lebens­kräf­te trägt es in sich. Die muss der Mensch aber erst umwan­deln, für sich nutz­bar machen. Der Kör­per muss mehr „Wil­len“ auf­brin­gen für die­ses Umwan­deln, je stär­ker die Lebens­kräf­te sind. Des­halb gilt für mich auch der Grund­satz beim Kochen: nicht zu vie­le ver­schie­de­ne Lebens­mit­tel mischen, zum Bei­spiel nicht mehr als drei Gemü­se ver­wen­den.

Sie arbei­ten in einer Spi­tal­kü­che.
Woher nimmt ein kran­ker Mensch die Kraft, die­se gesun­de Nah­rung zu ver­ar­bei­ten?

Neh­men wir das Abend­essen. Dar­auf zu schau­en ist mir inso­fern wich­tig, als davon der gesun­den­de Schlaf des Pati­en­ten abhängt. Das Abend­me­nü ist streng vege­ta­risch. Wir ver­su­chen dabei, beson­ders leicht zu kochen: kei­ne Roh­kost, höchs­tens etwas Blatt­sa­lat zur Deko­ra­ti­on, kei­ne Kohl­ar­ten, nicht zu vie­le Nah­rungs­mit­tel, damit sich der Kör­per auf Weni­ges kon­zen­trie­ren kann. Auch gibt es am Abend kei­ne anre­gen­den Lebens­mit­tel, wie Ros­ma­rin, Hafer oder Pfef­fer­min­ze. Für den Schlaf ist auch wich­tig, dass das Abend­essen recht­zei­tig, min­des­tens vier Stun­den vor dem Schla­fen ein­ge­nom­men wird. Und nicht zu ver­ges­sen der Rhyth­mus. Es gibt ver­schie­de­ne Zei­ten, wann die Lebens­mit­tel auf bestimm­te Orga­ne wir­ken.

Sie haben zu Beginn den Vor­zug der regio­na­len Küche betont. Das heisst wohl, dass Erd­bee­ren
im Win­ter für Sie nicht in Fra­ge kom­men?

Ganz recht. Ich kon­zen­trie­re mich auf das, was zur jewei­li­gen Zeit vor Ort wächst.
Aber es ist inter­es­sant zu beob­ach­ten, dass die Men­schen auch beim Essen Höhe­punk­te brau­chen. Sie brau­chen Abwechs­lung, es muss etwas Beson­de­res sein. Ich den­ke, das hängt sicher auch mit der Reiz­über­flu­tung zusam­men. Man kann in einer Küche Unglaub­li­ches kre­ieren. Ist dies aber in einer Spi­tal­kü­che ange­bracht? Wel­chen Sinn und Zweck hat die Küche dort? Die Men­schen sind hier, um sich zu erho­len, zu gesun­den, Kraft zu schöp­fen durch den Ent­zug an Rei­zen und Ein­flüs­sen, die uns tag­täg­lich umge­ben. Weni­ger ist auch hier mehr: mit Geschmack, appe­tit­an­re­gen­dem Aus­se­hen und Raf­fi­nes­se – Koch­kunst eben.

Steht da eine spe­zi­el­le Phi­lo­so­phie dahin­ter?

Mei­ne Koch­phi­lo­so­phie setzt sich aus einem Zusam­men­spiel ver­schie­de­ner Tei­le zusam­men. Goe­thes Pflan­zen­be­trach­tung lehrt mich, tie­fe­re Ein­bli­cke in die Pflan­zen­welt zu bekom­men. Die Betrach­tung von Form, Far­be und Struk­tur gibt mir die Mög­lich­keit zu erken­nen, wel­che Form­kräf­te in ihnen vor­han­den sind. Und die­se will ich über das Essen dem Men­schen zugu­te kom­men las­sen.
So ach­te ich jeweils dar­auf, dass im Menü sowohl Wur­zel, Sten­gel / Blatt als auch Blü­te / Samen ent­hal­ten sind. Die Wur­zel wirkt ins Ner­ven-Sin­nes-Sys­tem, Sten­gel  / Blatt ins Stoff­wech­sel­sys­tem und die Blü­te beein­flusst die Stoff­wech­sel­aus­schei­dung.

Wie stark ist die Ernäh­rung in Ihrem Spi­tal medi­zi­nisch abge­stützt?

Gemein­sam mit Ärz­ten haben wir einen Diät­ka­ta­log erar­bei­tet. Der Arzt ver­schreibt die Diät für den jewei­li­gen Pati­en­ten.
Ich dach­te, je fei­ner die Ernäh­rung, umso weni­ger Diä­ten sind nötig. Aber heu­te gibt es so vie­le Unver­träg­lich­kei­ten und All­er­gi­en, dass dies gar nicht leicht umzu­set­zen ist. Es gibt eine Grund­kost, die je nach Mög­lich­kei­ten vari­iert wird.

Es exis­tiert heu­te ein star­kes Bedürf­nis, dass der Ein­zel­ne wahr­ge­nom­men wird. Es ist auch ein Wunsch nach Gebor­gen­heit. Und mir kommt es manch­mal so vor, als wür­de eine Diät für den Men­schen bedeu­ten: End­lich kocht mal jemand nur für mich.
Span­nend ist ja auch, wenn sich ein Mensch aus den ver­schie­dens­ten Grün­den wei­gert, bestimm­te Spei­sen zu sich zu neh­men.

Wo sehen Sie die Mög­lich­kei­ten Ihrer Arbeit, die Medi­zin bzw. den the­ra­peu­ti­schen Erfolg zu unter­stüt­zen?

Das ist schwie­rig zu for­mu­lie­ren. Ich möch­te da ein Bild benut­zen: Mit jeder Wei­ter­ver­ar­bei­tung eines Nah­rungs­mit­tels gibt es eine neue Schicht um des­sen Lebens­kräf­te. Im Ver­dau­ungs­pro­zess beginnt das Aus­packen, das Aus­wi­ckeln. Die Ver­pa­ckung muss dabei an ver­schie­de­ne Orte gelan­gen. Zum Teil muss sie ent­sorgt wer­den, wenn Zusatz­stof­fe, also Gift­stof­fe für den Kör­per ent­hal­ten sind. Sie belas­ten den Kör­per nur und müs­sen zusätz­lich ent­sorgt wer­den.
Je weni­ger also in der Küche ein­ge­packt wird bzw. je mehr Aus­pack­hil­fen gege­ben wer­den durch Gewür­ze oder Kräu­ter, umso ein­fa­cher ist es für den Pati­en­ten, dem ja nur beschränkt Kräf­te zur Ver­fü­gung ste­hen. So kann er bes­ser zu den Kräf­ten gelan­gen, die ihn wie­der­um stär­ken.

Mein Bestre­ben ist es, den Men­schen durch die Ernäh­rung auf die anthro­po­so­phi­sche Medi­zin ein­zu­stim­men und zu unter­stüt­zen, damit die­se mög­lichst tief wir­ken kann.

Vie­len Dank für das Gespräch!

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Fach­per­son Sabi­ne Hagg
Arbeits­schwer­punk­te Küchen­che­fin der Ita Weg­man Kli­nik seit Früh­jahr 2005.
Vor­her Küchen­lei­te­rin und Crea­tiv Mana­ge­rin in Zer­matt.
Aus­bil­dung in ver­schie­de­nen Ernäh­rungs­rich­tun­gen. Erwach­se­nen­bild­ne­rin, gibt Koch­kur­se und ist als Coach tätig.
Kon­takt 061 705 73 97
sabine.hagg
@wegmanklinik.ch

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Fach­per­son Vere­na Jäsch­ke
Arbeits­schwer­punk­te Leh­rer­aus­bil­dung
Deutsch, Mathe­ma­tik, Musik. Seit 1996 für die
Ita Weg­man Kli­nik tätig, Lek­to­rat, Sekre­ta­ri­at
der Kli­nik­lei­tung, PR-Assis­ten­tin; seit 2003 Beauf­trag­te für Kom­mu­ni­ka­ti­on, dabei zustän­dig u. a. für Medi­en­ar­beit, Mar­ke­ting, Redak­ti­on Quin­te und
Mit­ar­bei­ter­zei­tung.
Kon­takt 061 705 72 14
verena.jaeschke
@wegmanklinik.ch

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