
In die onkologische Tagesklinik kommen die Patientinnen und Patienten für mehrere Stunden am Tag zu ihren Behandlungen. Dafür stehen in der Ita Wegman Klinik in zwei Zimmern insgesamt sechs Betten zur Verfügung. Die Pflegefachfrau Annelies Külling berichtet an einigen Beispielen, wie ihr Alltag in der onkologischen Tagesklinik aussieht.
Ab 8 Uhr sind wir in der Tagesklinik bereit, die Patientinnen und Patienten zu empfangen. Heute kommt zunächst Frau Däbeli*. Sie ist 70-jährig und hat bereits ihre zweite Tumoroperation hinter sich. Von ihrem Arzt Dr. Kunz liegt eine Behandlungsverordnung bereit. Ich frage sie zunächst, ob in der Zeit seit der letzten Behandlung etwas Besonderes war, ob sie zum Beispiel erkältet war, ob sie neue Untersuchungsresultate erhalten hat. Frau Däbeli berichtet froh, dass es ihr recht gut ging in der letzten Zeit. Mit diesen Angaben kann ich die vorgesehene Therapie beginnen. Ich überprüfe die Vitalzeichen Blutdruck, Puls und Temperatur. Dann lege ich einen venösen Zugang. Frau Däbeli hat diesmal von Dr. Kunz auch eine Verordnung für eine Labordiagnostik erhalten. Also nehme ich dafür noch Blut ab. Dann schliesse ich die Infusion mit den für Frau Däbeli verordneten Medikamenten an.
Etwas später bespreche ich mit Frau Däbeli das Mittagessen. Sie verträgt nicht mehr alles. Unsere Küche hat grosses Verständnis für die spezielle Situation unserer Onkologiepatienten und bietet eine entsprechende Auswahl an. Auch diesmal finde ich mit Frau Däbeli etwas heraus, was ich nun für sie in der Küche bestelle.
Nach einer Stunde etwa kommt Dr. Kunz und holt Frau Däbeli ab, er will ausführlich mit ihr sprechen und sie untersuchen. Sie bereden das weitere Vorgehen der Behandlung. Die Blutwerte zeigen diesmal eine leichte Verbesserung an. Frau Däbeli bestätigt dies mit ihrem relativ guten Befinden. Für heute wird keine weitere Untersuchung veranlasst. Aber sie kommen ins Gespräch über die Probleme ihrer Wohnsituation (im 3. Stock ohne Lift). Das beschäftigt Frau Däbeli so sehr, dass sie auch mit mir weiter darüber spricht. Für Frau Däbeli wurde für heute eine Fusseinreibung mit Lavendöl verordnet. Bei einer solchen äusseren Anwendung wird von aussen etwas aufgetragen, aufgelegt, von aussen an den Patienten herangebracht. Das Lavendelöl wirkt entspannend, weitend, harmonisierend. In der anschliessenden Nachruhezeit wird es Frau Däbeli möglich, sich aus den Gedankenkreisen zu lösen, sie schläft ein und wirkt anschliessend sehr entspannt.
Durch Fieber Heilung anregen
Während Frau Däbeli bei Dr. Kunz ist, kommt Herr Kestenberg* in die Tagesklinik. Er ist 60 Jahre alt und hat Darmkrebs. Er kommt heute zum dritten Mal zu einer Fiebertherapie. Er weiss schon, dass ein anstrengender Tag vor ihm liegt. Auch bei ihm messe ich zunächst Blutdruck, Puls und Temperatur. Er berichtet, dass für ihn die letzten Fiebertherapien sehr anstrengend waren. Heute erhält er wieder eine fieberinduzierende Mistelinfusion. Dabei steigt seine Körpertemperatur um zwei bis drei Grad. Ich unterstütze den Wärmeanstieg mit Hilfe von Wärmflaschen und überwache Herrn Kestenberg engmaschig. Ich messe regelmässig Temperatur, Blutdruck und Puls. Bald fühlt er sich grippig, klagt über Kopf- und Gliederschmerzen. Das kennt er bereits. Neu ist heute, dass ihm auch übel wird. Ich verabreiche ihm die anthroposophischen Medikamente, die ihm sein Arzt als Reserve verordnet hat und die ihm jetzt gut helfen. Nach einer Stunde sinkt die Temperatur wieder. Jetzt schwitzt Herr Kestenberg stark. Ich wasche ihn etwas mit Zitronenwasser ab. Aber nur so viel, dass ihm wohlig warm bleibt. Dabei erzählt er mir, dass am nächsten Tag seine Tochter wie jede Woche zu Besuch kommt, worauf er sich sehr freut. Mit ihr kann er gut seine Zukunftspläne besprechen. Er weiss noch nicht, ob er seine Berufstätigkeit wieder aufnehmen kann.
Gespräche sind auch heilsam
Am frühen Nachmittag kommt Frau Vogler* zu uns. Sie ist 45, Mutter von drei Kindern und hat erst vor wenigen Wochen erfahren, dass sie Brustkrebs hat. Heute ist sie zum zweiten Mal in der Tagesklinik, sie wirkt sehr niedergeschlagen und müde. Ich messe wiederum Temperatur, Blutdruck und Puls. Es scheint alles normal zu sein. Da bei Frau Vogler eine Chemotherapie vorgesehen ist, wurde ihr ein Port–a–Cath implantiert, durch welchen ich den venösen Zugang lege. Dr. Pachaud, ihr Arzt, hatte in der vergangenen Woche eine Computertomographie veranlasst, deren Ergebnisse sie heute besprechen.
Zunächst ist Frau Vogler sehr ruhig, sagt wenig, aber irgendwann drängt es aus ihr heraus. Sie hat immer noch nicht mit ihren Kindern gesprochen. Sie weiss nicht, was sie ihnen sagen soll und wie sie wohl reagieren werden. Ob sie wohl die Lehrer informieren soll? Ich nehme ihre Fragen entgegen und versuche, in ein Gespräch mit ihr zu kommen. Mir sind solche Gespräche sehr wichtig, und ich versuche, möglichst Zeit dafür zu haben. Ich mache ihr eine Oxalis-Auflage auf das Sonnengeflecht, das sich sehr gut bei Schock bewährt. Diese Auflage wirkt integrierend und strukturierend. Sie kann sich entspannen und wirkt beim Nachhausegehen nicht mehr ganz so müde. Sie hat Mut bekommen, bald mit ihren Kindern zu sprechen.
Fachperson | Annelies Külling |
Arbeitsschwerpunkte | dipl. Pflegefachfrau HF. Pflegedienstleitung in Pflegeheimen und Spitex. Seit 11 Jahren in der Onkologie tätig, 9 Jahre in der Lukas Klinik. Seit 2009 an der Ita Wegman Klinik, Aufbau und Pflegeleitung der onkologischen Tagesklinik. |
Kontakt | 061 705 79 06 annelies.kuelling@wegmanklinik.ch |