Onkologische Patienten ganzheitlich behandeln und begleiten

In der Inte­gra­ti­ven Onko­lo­gie am Ita Weg­man Ambu­la­to­ri­um Basel wer­den Krebs­pa­ti­en­tin­nen und -pati­en­ten auf einfühl­same Wei­se behan­delt und beglei­tet. Das heisst, schul- und kom­ple­men­tär­me­di­zi­ni­sche Erkennt­nis­se und Metho­den ­wer­den glei­cher­mas­sen berück­sich­tigt und in Abspra­che mit den Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten indi­vi­du­ell ein­ge­setzt.

Frau Dr. Noth­hel­fer, als Onko­lo­gin sind Sie nun seit sechs Mona­ten im Ita Weg­man Ambu­la­to­ri­um Basel tätig. Was sind Ihre Erfah­run­gen?

Das Ita Weg­man Ambu­la­to­ri­um ist seit Sep­tem­ber 2011 eine Gemein­schafts­pra­xis von Haus­ärz­ten. Seit Beginn 2012 wird die ambu­lan­te Onko­lo­gie mit inzwi­schen zwei Ärz­ten aus­ge­baut. Als ich noch im Cla­ra­spi­tal tätig war, habe ich dies bereits mit Inter­es­se ver­folgt. Schon damals wur­de, vor dem Hin­ter­grund fun­dier­ter Schul­me­di­zin, eine enge Zusam­men­ar­beit erwo­gen. Seit ich hier im Ita Weg­man Ambu­la­to­ri­um tätig bin, haben wir die Struk­tu­ren der bis­he­ri­gen Ambu­lanz kon­ti­nu­ier­lich wei­ter gefes­tigt. Es ist jetzt mög­lich, Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten in allen Krank­heits­sta­di­en, auch zu Beginn der Erkran­kung, zu bera­ten und zu betreu­en. Inzwi­schen kön­nen wir fast alle moder­nen onko­lo­gi­schen Sys­tem­the­ra­pi­en anbie­ten.

Kön­nen Sie auch Che­mo­the­ra­pi­en durch­füh­ren?

Genau das heisst es. Als Onko­lo­gin habe ich bis­her zahl­rei­che Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten betreut und Che­mo- und Immun­the­ra­pi­en durch­ge­führt. Dies haben wir jetzt im Ita Weg­man Ambu­la­to­ri­um fest eta­bliert. Wir füh­ren in unse­rem Ambu­la­to­ri­um fast alle anti­tu­mo­rö­sen The­ra­pi­en ambu­lant durch, sowohl Che­mo- oder Immun­the­ra­pi­en (zum Bei­spiel Anti­kör­per) als auch neue ziel­ge­rich­te­te The­ra­pi­en. Ein Pa­tient, der auf­grund der Krank­heits­si­tua­ti­on eine Che­mo­the­ra­pie oder eine ande­re onko­lo­gi­sche The­ra­pie benö­tigt, kann die­se auch im unter­stüt­zen­den Kon­text des Ita Weg­man Ambu­la­to­ri­ums erhal­ten. Um die Sicher­heits­stan­dards zu erfül­len, wur­de ein Arbeits­be­reich ein­ge­rich­tet, an dem die Infusio­nen unter einem Abzug zube­rei­tet wer­den, wie es aus hygie­ni­schen und sicher­heits­tech­ni­schen Grün­den ver­langt wird. Unse­re Pfle­ge ist hier­für onko­lo­gisch aus­ge­bil­det und geschult. Sie arbei­tet pro­fes­sio­nell, kennt den Umgang mit den Substan­zen, weiss um die Wir­kun­gen und wie sie ange­wen­det wer­den.

Müs­sen sol­che The­ra­pi­en nicht in einer Kli­nik durch­ge­führt wer­den?

Onko­lo­gi­sche The­ra­pi­en wer­den zuneh­mend ambu­lant ange­bo­ten. Dies ist gut mög­lich, da erns­te Kom­pli­ka­tio­nen eher sel­ten auf­tre­ten. Vor, wäh­rend und nach der The­ra­pie wird der Pati­ent umfas­send beglei­tet. In der Regel sind es klei­ne­re Din­ge, auf die wir reagie­ren müs­sen. Für vie­le Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten ist es von gros­sem Wert, wenn sie die The­ra­pi­en mög­lichst ambu­lant durch­füh­ren kön­nen und nicht jedes Mal für die Che­mo­the­ra­pie sta­tio­när auf­ge­nom­men wer­den müs­sen. Bei Bedarf arbei­ten wir für sol­che The­ra­pi­en gut mit den umlie­gen­den Kli­ni­ken zusam­men.

Im Ita Weg­man Ambu­la­to­ri­um wird eine ‚Inte­gra­ti­ve Onko­lo­gie‘ durch­ge­führt. Was ver­steht man dar­un­ter?

Wich­tig für mich war schon immer, den gan­zen Pati­en­ten zu sehen, das heisst nicht nur sei­ne Erkran­kung und das Tumor­lei­den. Zu dem, was den Pati­en­ten als Men­schen aus­macht, gehö­ren auch sein Umfeld, sei­ne Per­sön­lich­keit und sei­ne Über­zeu­gun­gen. Dies alles gilt es in den Blick zu neh­men und mit ein­zu­be­zie­hen. Zusam­men mit den Kraft­quel­len des Pati­en­ten kann ein für ihn pas­sen­der Weg im Umgang mit sei­ner Erkran­kung – hier zäh­le ich auch mög­li­che Tumor­the­ra­pi­en hin­zu – gefun­den wer­den. Inte­gra­ti­ve Onko­lo­gie heisst, ver­schie­de­ne The­ra­pie­an­sät­ze zu einem sinn­vol­len Gan­zen zu kom­po­nie­ren. Es ste­hen neben der eta­blier­ten, durch brei­te Wis­sen­schaft fun­dier­ten onko­lo­gi­schen Schul­me­di­zin aus­ge­wähl­te kom­ple­men­tär­me­di­zi­ni­sche The­ra­pi­en zur Ver­fü­gung. Es ist uns dabei ein beson­de­res Anlie­gen, dass gera­de bei onko­lo­gi­schen Erkran­kun­gen schon früh die Resi­li­enz und Salu­to­ge­ne­se, das heisst die Wider­stands­kraft und die inne­ren Gesun­dungs­kräf­te gestärkt wer­den. Daher haben wir neben den moder­nen onko­lo­gi­schen The­ra­pie­kon­zep­ten von Anfang an auch auf­bau­en­de The­ra­pie­mass­nah­men im Blick.

Das kön­nen Sie wirk­lich bei­des par­al­lel anbie­ten?

Wir sind ein pro­fes­sio­nel­les Team, mit zwei onko­lo­gisch erfah­re­nen Ärz­ten, Dr. Clif­ford Kunz und mir. In ste­ti­gem Aus­tausch arbei­ten wir Tür-an-Tür. Dies ermög­licht die umfang­rei­che Betreu­ung der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten. Ver­tre­tun­gen sind so pro­blem­los zu regeln. Einer von uns bei­den ist immer vor Ort und ansprech­bar. Beson­ders wich­tig in unse­rem Team ist die onko­lo­gisch und anthro­po­so­phisch geschul­te Pfle­ge, die mit Freu­de anthro­po­so­phi­sche Anwen­dun­gen und rhyth­mi­sche Ein­rei­bun­gen durch­führt. Wir arbei­ten eng mit zwei Psy­cho­on­ko­lo­gen (Hans Häs­sig, Ani­ta Char­ton) und zwei Hei­leu­ryth­mis­ten (Nor­man Kin­ge­ter, Clau­de Lal­li­er) zusam­men. Des Wei­te­ren haben wir Mög­lich­kei­ten, Kon­tak­te zur Kunst-, Sprach- und Musik­the­ra­pie zu ver­mit­teln. Auch geben wir Infor­ma­tio­nen zu Ernäh­rungs­be­ra­tung, Ent­span­nung oder Acht­sam­keits­trai­ning in der Regi­on. Für den Pati­en­ten ist es von gros­sem Vor­teil, wenn er die schul­me­di­zi­ni­sche und kom­ple­men­tär­me­di­zi­ni­sche The­ra­pie an einem Ort durch­füh­ren kann. Selbst­ver­ständ­lich ist auch eine beglei­ten­de The­ra­pie zu einer andern­orts durch­ge­führ­ten onko­lo­gi­schen The­ra­pie mög­lich. Hier sind wir in ein gutes Netz­werk ein­ge­bun­den.

Wie muss man sich eine Behand­lung bei Ihnen im Detail vor­stel­len?

Wir sich­ten die Unter­la­gen und machen uns ein Bild des Tumor­lei­dens und der Beglei­ter­kran­kun­gen. Im Gespräch ler­nen wir den Pati­en­ten ken­nen und ver­su­chen, ihn an dem Punkt, an dem er steht, wahr­zu­neh­men und abzu­ho­len. Es gilt, die für den Pati­en­ten wei­te­ren wich­ti­gen Fak­to­ren wie Unsi­cher­hei­ten, Vor­be­hal­te, Ängs­te zu erken­nen und dann die mög­li­chen The­ra­pie­for­men zu prü­fen und zu bespre­chen. Im Gespräch erar­bei­ten wir gemein­sam mit dem Pati­en­ten vor dem Hin­ter­grund sei­ner Mög­lich­kei­ten und Wün­sche einen The­ra­pie­weg. Dies kann eine schul­me­di­zi­nisch eta­blier­te The­ra­pie sein mit dem Ent­scheid zu einer Che­mo­the­ra­pie, Ope­ra­ti­on oder Strah­len­the­ra­pie. In Ergän­zung hier­zu steht uns die gan­ze Palet­te der Phy­to­the­ra­pie, der Anthro­po­so­phi­schen Medi­zin, zum Bei­spiel der Mis­tel­the­ra­pie oder der äus­se­ren Anwen­dun­gen zur Ver­fü­gung. Wenn der Pati­ent kei­ne eta­blier­te The­ra­pie wahr­neh­men möch­te oder die­se andern­orts erhält, kön­nen wir ihm eine rein kom­ple­men­tär­me­di­zi­ni­sche The­ra­pie anbie­ten.

Vie­le ver­bin­den mit Che­mo­the­ra­pie immer noch den Begriff „Gift“. Was sagen Sie dazu?

Wenn man als Gift einen Stoff bezeich­net, der durch Ein­drin­gen in den Kör­per einen Scha­den zufü­gen kann, dann kann man dies so sehen. Es ist aber immer eine Fra­ge der Dosis. Schon Para­cel­sus sag­te: „Alle Din­ge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.“ Die Kunst ist es, in einem Dosis­be­reich zu agie­ren, bei dem die gewünsch­te Wir­kung erreicht wird, den Tumor am Wachs­tum zu hin­dern und bei dem eine uner­wünsch­te Wir­kung respek­ti­ve Neben­wir­kung mög­lichst nicht oder nur in gerin­gem Mass auf­tritt. Auch vie­le Phy­to­phar­ma­ka (pflanz­li­che Arz­nei­mit­tel) sind in die­sem wei­tes­ten Sinn Gift.

Wel­che Fort­schrit­te wur­den auf dem Gebiet der Onko­lo­gie gemacht?

Es zeich­net sich eine Wand­lung der onko­lo­gi­schen Schul­me­di­zin ab. Immer genau­er kön­nen ein­zel­ne Eigen­schaf­ten der Tumor­zel­len eines Pati­en­ten beschrie­ben wer­den. Gezielt wird die­se Eigen­schaft genutzt, um mit einem Medi­ka­ment an die­ser Stel­le zum Bei­spiel in den Zell­stoff­wech­sel ein­zu­grei­fen. Durch das Ein­wir­ken auf ein­zel­ne Eiweis­se in der Zel­le wird die­se am Wachs­tum gehin­dert und zum Abster­ben geführt. Als Bei­spiel gibt es beim fort­ge­schrit­te­nen Brust­krebs die Mög­lich­keit, durch eine zusätz­li­che täg­li­che Tablet­te, in Ergän­zung zu einer anti­hor­mo­nel­len The­ra­pie, das Tumor­wachs­tum zu hem­men. Auch gibt es neue spek­ta­ku­lä­re Erfol­ge beim Nie­ren­kar­zi­nom sowie bei vie­len ande­ren Tumo­ren. Durch ziel­ge­rich­te­te The­ra­pie erreicht man die Hem­mung des Wachs­tums der den Tumor ver­sor­gen­den Gefäs­se. Die­ser wird in der Fol­ge schlech­ter mit Nähr­stof­fen ver­sorgt. Durch die­se geziel­te Her­an­ge­hens­wei­se tre­ten weni­ger Neben­wir­kun­gen auf, da die The­ra­pie nur auf die bös­ar­ti­gen Zel­len wirkt. Es wer­den jetzt Neben­wir­kun­gen ande­rer Art beob­ach­tet, zum Bei­spiel Haut­ver­än­de­run­gen. Hier ist es wich­tig, die­se zu ken­nen und den Pati­en­ten über unter­stüt­zen­de Ver­hal­tens­wei­sen und even­tu­ell auch erfor­der­li­che Medi­ka­men­te gut zu infor­mie­ren.

Wenn man die Räu­me des Ambu­la­to­ri­ums betrach­tet, so geht einem das Herz auf.
Wie kommt es, dass man sich hier sofort wohl fühlt?

Wir haben sehr schö­ne und ange­neh­me Räum­lich­kei­ten. Gera­de in die­ser für die Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten schwie­ri­gen Zeit ist es uns wich­tig, dass sie sich hier wohl füh­len. Wir legen des­halb Wert auf das Ambi­en­te. Den Pati­en­ten ste­hen Bet­ten und beque­me Ses­sel zur Ver­fü­gung. Ein­zel­ne Kunst­ele­men­te ver­schö­nern die Pati­en­ten­zim­mer und das gan­ze Ambu­la­to­ri­um. Der Pati­ent kann sich etwas zum Lesen oder zum Musik­hö­ren mit­brin­gen. Auch wenn er zu Mit­tag essen möch­te, kön­nen wir das für ihn orga­ni­sie­ren.

Wenn ein Pati­ent zu Ihnen kom­men möch­te, was muss er tun?

Eine Vor­stel­lung bei uns ist bei Vor­lie­gen einer Tumor­erkrankung jeder­zeit mög­lich, das heisst zur Abklä­rung eines Tumor­lei­dens, zur Erst­dia­gno­se, zur allei­ni­gen oder beglei­ten­den The­ra­pie. Es ist auch mög­lich, nur zu einer Bera­tung oder zum Ein­ho­len einer Zweit­mei­nung eine Kon­sul­ta­ti­on bei mir, Dr. Til­ly Noth­hel­fer, oder mei­nem Kol­le­gen, Dr. Clif­ford Kunz, zu ver­ein­ba­ren. Eine Ter­min­ver­ga­be erfolgt über unse­re Anmel­dung.

Was den­ken Sie über den Stand­ort an der Markt­halle? Sie wird wie­der neu belebt. Hat dies Ein­fluss auf das Ambu­la­to­ri­um in Basel?

Wir freu­en uns sehr, dass dies so ist. Bereits zu Anfang gab es das Kon­zept, hier Fir­men und Betrie­be mit Nach­hal­tig­keits­ef­fekt anzu­sie­deln. Inso­fern sind wir froh, dass dies jetzt zu gelin­gen scheint. Gera­de um die Mit­tags­zeit her­um ist die Markt­hal­le sehr belebt und bie­tet auch eini­ges an kuli­na­ri­schen Mög­lich­kei­ten. Die gute Erreich­bar­keit mit öffent­lichen Ver­kehrs­mit­teln und die Nähe zum Bahn­hof Basel sind ein gros­ser Stand­ort­vor­teil für uns.

Das Inter­view führ­te Ursu­la Ambühl.

Autoren166

Fach­per­son Dr. med. Til­ly Noth­hel­fer
Arbeits­schwer­punk­te Ärz­tin für Inne­re Medi­zin, Häma­to­lo­gie und Onko­lo­gie. Palliativmedizin.Ausbildung in Mainz, Koblenz und Sin­gen. Seit 2001 Inter­nis­tin mit Schwer­punkt in Häma­to­lo­gie und inter­nis­ti­scher Onko­lo­gie tätig am Kreis­kran­ken­haus in Lör­rach, Uni­ver­si­täts­kran­ken­haus Frei­burg sowie im St. Cla­ra­spi­tal Basel und in eige­ner Pra­xis, Aus­bil­dung in Palliativ­medizin, Psy­cho­on­ko­lo­gie und Not­fall­me­di­zin.
Seit April 2013 in der inte­gra­ti­ven Onko­lo­gie am Ita Weg­man Ambu­la­to­ri­um Basel.
Kon­takt info@wegmanambulatorium.ch
Inte­gra­ti­ve Onko­lo­gie
am Ita Weg­man Ambu­la­to­ri­um Basel
Tel. 061 205 88 00, Fax 061 205 88 88

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