Nachgefragt in der Kindersprechstunde

Kom­men Eltern in Ihre Sprech­stun­de wegen der Schlaf­schwie­rig­kei­ten ihrer Kin­der?
Ja, es sind ins­be­son­de­re jun­ge Eltern oder auch Eltern, bei denen die Schwan­ger­schaft oder Ent­bin­dung des Kin­des schwie­rig waren. Mein Ein­druck ist, dass Kin­der, die in die­sen Pha­sen Leid­vol­les erfah­ren
muss­ten, ver­mehrt schrei­en, vor allem in der Ein­schlaf­pha­se. Da muss indi­vi­du­ell geprüft wer­den, ob es einer the­ra­peu­ti­schen Beglei­tung bedarf oder ob eine inten­si­ve Beglei­tung der Mut­ter (oder manch­mal auch des Vaters) not­wen­dig ist. Dies kann zum Bei­spiel der Fall sein beim früh­ge­bo­re­nen Kind, das über meh­re­re Wochen inten­siv­me­di­zi­nisch betreut wer­den muss­te.

Wo sehen Sie mög­li­che Ursa­chen für Schlaf­stö­run­gen von Kin­dern?
Schlaf ist ein beson­de­rer, indi­vi­du­el­ler Seins­zu­stand. Er stellt den Über­gang von einem bekann­ten in einen unbe­kann­ten Zustand dar.Das Kind erlebt im Schlaf Vie­les vom Tage. So sind die Nacht­pro­ble­me eigent­lich Pro­ble­me des Tages. Was tags­über „schief“ läuft, kann nachts zum Pro­blem wer­den. Reiz­über­flu­tung ist in die­sem Zusammen­hang sicher ein The­ma. Das Kind kann sich noch nicht selbst vor ein­strömenden Rei­zen abschir­men wie der Erwach­se­ne. So soll­te der Kin­der­wa­gen so beschaf­fen sein, dass das Kind die Mut­ter anschaut und nicht in die Welt hin­aus­bli­cken muss. Das kommt erst spä­ter. Auch kön­nen wir dem Kind kei­nen grös­se­ren Gefal­len tun, als es vor Ein­käu­fen in gros­sen Geschäf­ten zu bewah­ren. Selbst der Nut­zen eines Schwimm­bad­be­su­ches ist gegen­über den teil­wei­se sehr stö­ren­den Fak­to­ren wie Lärm und chlor­hal­ti­gem Was­ser gut abzu­wä­gen.
Kin­der sind Bewe­gungs­men­schen, sie dür­fen und soll­ten sich täg­lich aus­to­ben. Das ent­spricht ihrem Natu­rell und hilft in bes­ter Wei­se, ihren Wil­len aus­zu­bil­den. Bewe­gungs­man­gel, vor allem bei grös­se­ren Kin­dern, kann eben­falls Schlaf­pro­ble­me ver­ur­sa­chen.

Was raten Sie den Eltern, damit ihre Kin­der bes­ser schla­fen kön­nen?
Zum Bei­spiel, dass sie den Tag mit ihrem Kind aus­ge­wo­gen gestal­ten soll­ten. Die Wach­pha­sen des Kin­des soll­ten struk­tu­riert sein, indem sich akti­ve und ruhi­ge Pha­sen abwech­seln und Zei­ten beinhal­ten, in denen das Kind sich mit sich selbst beschäf­tigt. Säug­lin­ge, die gut gedei­hen, dür­fen ler­nen, dass es nachts nicht unein­ge­schränkt zu essen gibt.Des wei­te­ren soll und kann das Kind ler­nen, den Über­gang zum Schla­fen zu erle­ben. Hilf­reich ist es, wenn das Abend­ri­tu­al bereits beim Abend­essen beginnt. Danach soll­te kei­ne Spiel­pha­se mehr statt­fin­den. Das Kind stil­lend in den Schlaf zu wie­gen, stört die­sen Lern­pro­zess.

Das Schlaf­be­dürf­nis der Kin­der ist indi­vi­du­ell ver­schie­den.
Wie fin­den die Eltern her­aus, wie viel Schlaf ihr Kind tat­säch­lich braucht?
Beim klei­nen Kind kann man am Augen­rei­ben gut erken­nen, wann es müde wird. Das ist in der Regel der rich­ti­ge Moment, es ins Bett zu brin­gen. Ver­pas­sen wir die­sen Moment, ist das Kind meist wie auf­ge­putscht und schlech­ter Lau­ne, das ist eine Gegen­re­gu­la­ti­on des Adre­na­lin­spie­gels, der nun in die Höhe schiesst. Die Indi­vi­dua­li­tät des Schlafs beim Kind kann ich nur her­aus­fin­den, indem ich das Kind in sei­ner Indi­vi­dua­li­tät immer mehr wahr­neh­men ler­ne.

Vere­na Jäsch­ke befrag­te Dr. med. Micha­el J. See­fried am Para­cel­sus-Zen­trum Son­nen­berg Zürich. Er ist Fach­arzt für All­ge­mein­me­di­zin (D), Fach­arzt für Kin­der- und Jugend­me­di­zin FMH und Anthropo­sophischer Arzt.

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