Mit Rhythmus zurück zum Lebensfluss

Die Rhyth­mi­sche Mas­sa­ge nach Dr. med. Ita Weg­man ist eine anspruchs­vol­le Massage­technik. Dabei wer­den rhyth­mi­sche Mas­sa­ge­be­we­gun­gen durch­ge­führt, die sich am Flüs­si­gen des mensch­li­chen Orga­nis­mus ori­en­tie­ren. Die Mus­keln die­nen dabei als Leit­li­ni­en. Die dif­fe­ren­zier­ten Strö­mun­gen, wie sie im gan­zen Flüs­sig­keits­or­ga­nis­mus des Men­schen beob­ach­tet wer­den kön­nen, wer­den qua­si direkt in die Hand genom­men und geführt.

Haben Sie sich den Men­schen schon ein­mal als Was­ser­säu­le vor­ge­stellt? Stu­die­ren Sie den Flüs­sig­keits­men­schen!“ Die­se Auf­ga­be gab Rudolf Stei­ner sei­ner­zeit den The­ra­peu­ten und Ärz­ten, damit sie sich mit der stets wan­deln­den strö­men­den Gestal­tung des Men­schen ver­bin­den.

Der Kno­chen ist eine der fes­ten Sub­stan­zen im Kör­per des Men­schen. Doch betrach­ten wir sei­ne Gestal­tung – da ent­de­cken wir kei­nen rech­ten Win­kel und kei­ne gera­de Flä­che. Alles sind dop­pelt gekrümm­te For­men, bewegt vom Kon­ka­ven zum Kon­ve­xen und umge­kehrt, so wie die Mee­res­wel­len sich ewig bewe­gen. In den Kno­chen fin­den wir zur Ruhe gekom­me­nes Flies­sen. Sie die­nen der frei­en Bewe­gung als Stüt­ze für den Bewe­gungs­fluss.

Das Was­ser macht beim erwach­se­nen Men­schen rund 70 Pro­zent sei­nes Kör­per­ge­wich­tes aus, beim Embryo sogar 98 Pro­zent. Der Mensch braucht das Grund­ele­ment Was­ser, damit er durch die Lebens­pro­zes­se organ­bil­dend und auf­bau­end im phy­si­schen Kör­per wir­ken kann. Was­ser ist auch in die­sem Sinn Quel­le des Lebens.

Das Was­ser im Kör­per dient dazu, Pro­zes­se zu ermög­li­chen, Ver­wand­lun­gen zu voll­zie­hen. Für das gesun­de Was­ser ist die immer strö­men­de Bewe­gung cha­rak­te­ris­tisch. So ist auch der Flüs­sig­keits­mensch nur gesund, wenn die ver­schie­de­nen Flüs­sig­kei­ten sich in rich­ti­ger Wei­se strö­mend bewe­gen.

Der Mensch als „Was­ser­säu­le“

Ver­fol­gen wir doch ein­mal in gros­sen Zügen die­sen „flüs­si­gen Men­schen“. Da stellt sich uns viel­fäl­tig dif­fe­ren­ziert dar: Über­all im Gewe­be – in der Haut, im Mus­kel, aber auch in den Orga­nen – fin­det sich Flüs­sig­keit, intra- und extra­zel­lu­lä­re Gewebs­flüs­sig­keit, die sich in den Zel­len und ihren Zwi­schen­räu­men aus­brei­tet. Völ­lig anders kreist das Blut in rhyth­mi­schen Wel­len durch den Kör­per. In Gefäs­sen wird es durch eine in sich zurück­lau­fen­de Bewe­gung geführt. Die ein­zel­nen Flüs­sig­kei­ten haben eine gros­se Trans­port­auf­ga­be: sauer­stoff­rei­ches rotes Blut in den Arte­ri­en, koh­len­stoff­rei­ches „blau­es“ Blut in den Venen oder trä­ge eiweiss­rei­che Lym­phe in den Lymph­ge­fäs­sen.
Der kla­re Liquor im Rücken­mark erhält sei­nen Rhyth­mus durch die Atmung und über­bringt die­sen dem lang­sam pul­sie­ren­den Gehirn­was­ser.

Was aber geschieht, wenn eine der Flüs­sig­kei­ten aus ihrer Auf­ga­be her­aus­fällt? Es ent­ste­hen Krank­hei­ten, zum Bei­spiel gut sicht­ba­re Öde­me, wie nicht mehr von den Lebens­pro­zes­sen durch­drun­ge­ne „Sumpf­land­schaf­ten“.
Schau­en wir nun anhand von Erfah­run­gen aus mei­ner the­ra­peu­ti­schen Arbeit dar­auf, wie mit Hil­fe der Rhyth­mi­schen Mas­sa­ge die Flüs­sig­kei­ten wie­der ins Strö­men gebracht wer­den kön­nen.

Von kräf­tig bis zart, von lang­sam bis schnell

Ich habe mir durch das Beob­ach­ten der Natur einen Natur­sinn beson­ders von den Flüs­sig­kei­ten und von den Luft­wir­kun­gen erwor­ben. Und so wand­le ich mei­nen Mas­sa­ge­griff in jeder Berüh­rung in die Qua­li­tät des Flies­sen­den und Rhyth­mi­schen. Auf die­se Wei­se kann ich den Flüs­sig­keits­or­ga­nis­mus des Men­schen in sei­ner Spra­che anspre­chen und durch ihn hei­lend wir­ken. Die fünf Grund­grif­fe der Klas­si­schen Mas­sa­ge wer­den durch bewuss­tes Hin­zu­fü­gen dif­fe­ren­zier­ter Qua­li­tät und ver­schie­de­ner Gestal­tungs­ele­men­te inten­si­viert.
Wie bei jeder Mas­sa­ge spü­re ich die Reak­tio­nen des Gewe­bes ab, bezie­he das Beson­de­re jeder Krank­heits­form ein. Ich gestal­te die Mas­sa­ge sehr bewusst, von kräf­tig bis zart, von punk­tu­ell bis flä­chig oder von lang­sam bis schnell, immer auch in stum­mer Zwie­spra­che mit mei­nem Pati­en­ten. Ist er zu Beginn einer Behand­lung bei­spiels­wei­se eher ner­vös, auf­ge­regt, wer­de ich die Mas­sa­ge schnel­ler begin­nen und erst all­mäh­lich in ein ruhi­ge­res Tem­po brin­gen.

Unter­schied­li­che Bewe­gun­gen und Wir­kun­gen

Neh­men wir als Bei­spiel die Behand­lung des Rückens: Zunächst strei­che ich mit einem Öl warm und leicht über den Rücken, gebe dem Flüs­si­gen eine Rich­tung. Das Strei­chen ist eher eine atmen­de Bewe­gung an der Ober­flä­che. Die­se Strei­chun­gen kön­nen viel­fäl­ti­ge For­men und Dyna­mi­ken erhal­ten.
Kne­te ich dage­gen ver­schie­de­ne Berei­che des Rückens, so sau­ge ich das Gewe­be mit den Hän­den an. Dabei drü­cke ich nicht in das Gewe­be hin­ein, wie Sie es viel­leicht aus der Klas­si­schen Mas­sa­ge ken­nen, son­dern löse es in krei­sen­den Schlei­fen­be­we­gun­gen und gebe rhyth­misch wie­der­keh­ren­de Impul­se.
Das Wal­ken geht aus dem Kne­ten mit bei­den Hän­den her­vor. Dabei tau­che ich sanft in das Gewe­be mit bei­den Hän­den ein und ver­dich­te es, dann wei­te ich es mit Kreis­span­nung wie­der. Es ist luf­ti­ger als nor­ma­les Kne­ten. Ich kann so den „Mus­kel­bauch“ sau­gend wei­ten und wie­der har­mo­nisch zur Ruhe füh­ren.
Mit den Frik­tio­nen (klei­ne wir­bel­ar­ti­ge Bewe­gun­gen) er­zeuge ich stär­ke­res punk­tu­el­les Bewusst­sein an beson­ders aus­ge­such­ten Stel­len, wobei ich mit klei­nen spi­ra­li­gen Bewe­gun­gen in die Tie­fe wir­ke. Die­se Art der Bewe­gung kön­nen Sie sich wie das Was­ser in einem Trich­ter vor­stel­len.
Mit den Vibra­tio­nen (Klop­fun­gen) kann ich brei­te Flä­chen bele­ben und ins Schwin­gen brin­gen, was ich in der Rhyth­mi­schen Mas­sa­ge aller­dings sel­te­ner anwen­de.
In allen die­sen Grif­fen lebt das rhyth­mi­sche Ele­ment, ich dif­fe­ren­zie­re es je nach der Per­son und ihrem beson­de­ren Anlie­gen. Das Drü­cken, Ver­rei­ben, Ver­win­den der Gewe­be ergän­ze ich durch wei­che, flies­sen­de, sau­gen­de Grif­fe, die von der Tie­fe zur Peri­phe­rie hin lösen. Die Form der Grif­fe ist ganz dem Wäss­ri­gen ange­passt und abge­le­sen – mit den gegen­läu­fi­gen Krei­sen, den viel­fäl­ti­gen Varia­tio­nen und den leben­di­gen Kreis­ge­stal­tun­gen.

Die Selbst­re­gu­la­ti­on indi­vi­du­ell anre­gen

Wie oft gehen Rücken­schmer­zen mit Schlaf­stö­run­gen ein­her oder Stress mit Nacken­be­schwer­den. Schlaf­stö­run­gen zei­gen deut­lich die Rhyth­mus­stö­rung an. Der nöti­ge Auf­bau nach einem anstren­gen­den Tag wird nicht aus­rei­chend mög­lich. In der Hal­tung zeigt sich dann oft die Schwä­che des Rückens. Im unter­bro­che­nen Bewe­gungs­fluss drückt sich der Schmerz aus.
Ich gestal­te den Rhyth­mus und den Auf­bau der Mas­sa­ge, indem ich auf den indi­vi­du­el­len Men­schen ein­ge­he, auf sei­ne gesam­te Lebens- und Krank­heits­si­tua­ti­on. Mein Ziel ist es, sei­ne Selbst­re­gu­la­ti­on so anzu­re­gen, dass die viel­fäl­ti­gen Phä­no­me­ne von Ungleich­ge­wicht wie­der ins Flies­sen und damit in Aus­gleich kom­men kön­nen.
Die Durch­blu­tungs­ver­hält­nis­se wer­den güns­tig beein­flusst, die Bewe­gun­gen der Lymph­ge­fäs­se wer­den ange­regt, Fehl­span­nun­gen in Mus­kel- und Bin­de­ge­we­be regu­liert. Die­se Pro­zes­se ver­lau­fen im Rhyth­mi­schen ab, das heisst, sie las­sen sich nicht vom Bewusst­sein steu­ern. Die Ver­bes­se­run­gen der rhyth­mi­schen Pro­zes­se zei­gen sich, wenn sich der Atem­rhyth­mus ver­tieft und die Herz-Kreis­lauf-Funk­ti­on sich ver­bes­sert, wenn sich die Ver­dau­ung nor­ma­li­siert und ein gesun­der Wach-Schlaf-Rhyth­mus wie­der­her­ge­stellt wird.
So hör­ten bei einer Pati­en­tin die Rücken­schmer­zen durch eine Arm- und Bauch­mas­sa­ge auf. Sie fühl­te sich wie neu gebo­ren, konn­te wie­der gut schla­fen. Sie nann­te es „zau­bern“. Der Rhyth­mus hat sie belebt.

Autoren117

Fach­per­son Unda Nie­der­mann-Veith
Arbeits­schwer­punk­te Seit 1990 Physiothera­peutin in Wen­gen.
Fach­leh­re­rin für Phy­sio­the­ra­pie (SPV und WEG) und Erwach­se­nen­bild­ne­rin, Aus­bil­den­de für
Rhyth­mi­sche Mas­sa­ge.
Seit 2001 in der Schul­leitung der Schu­le für Rhyth­mi­sche Mas­sa­ge,
Ita Weg­man Kli­nik
Arle­sheim.
Ver­ant­wort­lich für den
Auf­bau der Berufs­koordination „Physio­therapie und Phy­si­ka­li­sche The­ra­pie“ an der Medi­zinischen Sek­ti­on am
Goe­thea­num.
Kon­takt 033 855 25 82
unda.nw@bluewin.ch

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