
Liebe Leserin, lieber Leser
„Bin ich geschafft!“ oder: „Ich kann nicht mehr!“ – Diese Worte hat sicher jeder von Ihnen schon einmal gesagt, sei es nach einem anstrengenden Arbeitstag, nach einem gründlichen Hausputz oder auch nach einer sportlichen Aktivität. An seine Grenzen zu kommen, zu spüren, dass man sich genug Anstrengungen zugemutet hat, gehört sicher zu unserem Alltag. So sind Ermüdung und Erschöpfung als Folge von körperlicher, seelischer oder geistiger Anstrengung bis zu einem gewissen Mass eine normale physiologische Erscheinung.
Immer häufiger jedoch kommen Menschen im Lauf ihres Lebens in die Lage, sich nicht nur erschöpft, sondern sogar ausgebrannt zu fühlen; „to burn out“ lässt sich mit „ausbrennen“ übersetzen. Das Burnout steht für einen Erschöpfungszustand, der gekennzeichnet ist durch eine Antriebs- und Leistungsschwäche und der einen meist monate- oder jahrelang andauernden Zustand aus Überforderung und Überarbeitung beendet. Die Ursachen sind vielfältig, zur Überanstrengung kommen Fragen der Anerkennung, der Wertschätzung und des Wahrgenommenwerdens. In der Symptomatik zeigen sich neben der Müdigkeit dann oft auch depressives Erleben und eine Reihe körperlicher Beschwerden. Die Fähigkeit, sein Leben noch selbst zu steuern und sich für seine Aufgaben zu motivieren, ist eingeschränkt.
Burnout wird manchmal als „Krankheit der Tüchtigen“ bezeichnet, denn es sind gerade die sozial engagierten Menschen in pädagogischen oder medizinischen Berufen, aber auch in der Wirtschaft, die sich in einen solchen Erschöpfungszustand hineinmanövrieren. Doch treffen kann es jede und jeden, auch den nicht Erwerbstätigen, die Rentnerin, den Schüler. Es ist eine typische Erscheinung unserer Zeit, was mit unserem Lebensstil, dem übersteigerten Tempo und unserer Arbeitskultur zusammenhängt. Und doch ist nicht jeder Erschöpfungszustand ein Burnout. Die breit gefächerten Symptome erschweren die genaue Begriffsklärung. Es macht die Sache nicht einfacher, dass das Burnout in der Internationalen Klassifikation der Erkrankungen (ICD 10) gar nicht als Erkrankung zu finden ist, obwohl wir uns in diesem Zustand ja sehr krank fühlen. Es ist vielmehr ein Syndrom. Darunter verstehen die Fachleute mehrere Symptome, die häufig zusammen auftreten. Wichtig ist jedoch, dass ein „Ausgebranntsein“ zu einer ernsthaften Erkrankung, wie zum Beispiel einer Depression führen kann.
So vielfältig die Ursachen sind, so breit gefächert sind auch die Ansätze der Therapie. In erster Linie aber wird es darum gehen, die gestörte Balance zwischen Auf- und Abbau wieder herzustellen, das heisst, auf der einen Seite den Stressfaktor zu minimieren und das Stressmanagement zu verbessern und auf der anderen Seite in Alltag und Beruf ein Gleichgewicht zu schaffen, die Lebenskräfte zu stärken, Begeisterung zu entwickeln für uns und unser Tun, unsere persönlichen Grenzen zu erkennen und zu achten.
Die vorliegende Ausgabe der „Quinte“ ermöglicht Ihnen Einblicke in das Phänomen des Ausgebranntseins und zeigt Therapieansätze der Klinik Arlesheim auf, die teilweise auch für die Prävention hilfreich sein können.