Mein Hof im Jahreslauf

Die­ser Win­ter ist sta­bil kalt, der Boden gefro­ren. Meist scheint die Son­ne. Des­halb las­se ich die Kühe etwa 6 Stun­den auf die „Wei­de“, wo sie Bäu­me, Brom­bee­ren, Stroh, Was­ser, Salz, Son­ne, Wind etc. vor­fin­den. So kön­nen sie ihre Sin­ne bes­ser aus­le­ben als im geschlos­se­nen Stall.

Die Her­de ist ein Orga­nis­mus, eben­so wie ein Humus­krü­mel, ein Mist­stock, eine Mager­wie­se; der Hof selbst ist auch ein Orga­nis­mus, ein in sich abge­schlos­se­nes Leben­di­ges, das sich nach eige­nen Geset­zen ord­net.
Ich ver­su­che, die ein­zel­nen Orga­nis­men ganz zu las­sen, zu stär­ken, wach und leben­dig zu erhal­ten. Aus die­ser Stär­ke und Leben­dig­keit her­aus kön­nen sie unter­ein­an­der in Aus­tausch tre­ten, sich durch­drin­gen, von­ein­an­der „ler­nen“. Dabei grei­fe ich mehr len­kend als kor­ri­gie­rend ein. Die Kuh­her­de ist von April bis Novem­ber unter frei­em Him­mel auf der Wei­de. Der Stier ist bis Juni dabei. Die Tie­re erle­ben ster­nen­kla­re Näch­te, hören das Qua­ken der Frö­sche, das Sin­gen der Ler­chen, sie neh­men den vor­bei­ei­len­den Fuchs wahr. Sie suchen Ruhe­plät­ze, wo sich die gan­ze Her­de zum Wie­der­käu­en niederlässt.Sie stel­len sich gegen Stür­me, suchen bei Som­mer­hit­ze eine win­di­ge Anhö­he auf und natür­lich sind sie häu­fig auf der Fut­ter­su­che, bei der jeder Bis­sen zuerst beschnup­pert wird.
Mit der andau­ern­den Umfor­mung von Gras und Heu bele­ben sie das Pflanz­li­che mit Tie­ri­schem. Aus Pflan­zen wie zum Bei­spiel Kamil­len­blü­ten wer­den in Ver­bin­dung mit Orga­nen, die an die­ser Ver­dau­ung betei­ligt sind, Prä­pa­ra­te her­ge­stellt, die dem Mist und dem Boden zusätz­li­che Impul­se geben zur Stei­ge­rung der Leben­dig­keit und Wach­heit.

Dezem­ber und Janu­ar sind Ruhe­mo­na­te. Die Kühe wer­den nicht gemol­ken und bekom­men rei­fes, im Hoch­som­mer gemäh­tes Heu. Im Febru­ar und März kom­men die Käl­ber zur Welt. Sie blei­ben etwa 10 Tage bei der Mut­ter und anschlies­send 9 Mona­te bei der Ammen­kuh.
So ergibt sich ein Jah­res­rhyth­mus. Wenn die natür­li­chen Bedürf­nis­se der Tie­re ernst genom­men wer­den, gibt es sehr wenig Pro­ble­me mit der Gesund­heit, so dass der Tier­arzt nur etwa ein­mal im Jahr kom­men muss.
Als Bau­er ver­su­che ich, die Spra­che der Natur zu lesen. Ich schaue auf die For­men­spra­che der Pflan­zen, auf die Ges­tik eines Getrei­de­fel­des, auf das Ver­hal­ten der Tie­re und ler­ne dar­aus. Es ist ein Wech­sel zwi­schen ein­füh­len­dem Beob­ach­ten, leicht abwe­sen­dem Sin­nie­ren, kla­rem Den­ken und Ein­grei­fen. So kann ich mich immer mehr in die mir anver­trau­te Lebe­welt ein­ar­bei­ten.
Pro­ble­me mit Unkraut oder Mäu­sen zum Bei­spiel bekämp­fe ich nicht, ich ver­ste­he sie als Gedan­ken­an­stoss. Bla­cken sind ein Wur­ze­lun­kraut, das unter ande­rem einen ver­dich­te­ten Boden anzeigt. Also ver­su­che ich, den Boden weni­ger zu ver­dich­ten, indem ich Pflan­zen mit Pfahl­wur­zel anbaue wie Rot­klee oder Ölret­tich.
Vie­les muss jah­re­lang rei­fen, bis es eine Wei­ter­ent­wick­lung gibt. Das Schlach­ten ist eine mir noch unge­lös­te Fra­ge, die ich seit lan­gem in mir her­um­tra­ge. In Aus­tauschrun­den unter Kol­le­gen arbei­ten wir an sol­chen Fra­gen.

Rochus Schmid, Bon­fol

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