Medikamente im Notfall

Im Not­fall kön­nen Medi­ka­men­te Leben ret­ten oder aku­te Beschwer­den rasch lin­dern. Das müs­sen aber nicht immer nur Arz­nei­mit­tel sein, die wir aus der Schul­me­di­zin ken­nen. 

Von Besu­chern oder bei Füh­run­gen höre ich oft: „Anthro­po­so­phi­sche Medi­ka­men­te sind gut und recht, aber im Not­fall, wenn wirk­lich etwas ist, es even­tu­ell sogar um Leben und Tod geht, dann braucht es Schul­me­di­zin!“ „Ja und nein“, sage ich dann. Das Medi­ka­men­ten-Sor­ti­ment auf der Not­fall­sta­ti­on umfasst bei­des. Und wie ist es bei Ihnen zu Hau­se? Eini­ge anthro­po­so­phi­sche Medi­ka­men­te will ich hier her­aus­grei­fen und vor­stel­len.

Ver­let­zun­gen und Prel­lun­gen

Arni­ka (Arni­ca mon­ta­na) inner­lich und äus­ser­lich ist mitt­ler­wei­le popu­lär; vie­len Men­schen ist bekannt, dass stump­fe Ver­let­zun­gen wie Prel­lun­gen und Ver­stau­chun­gen unter der Behand­lung mit Arni­ka sehr viel bes­ser und schnel­ler hei­len. Auch in ande­ren The­ra­pie­rich­tun­gen bis hin zu chir­ur­gi­schen Sta­tio­nen wird inzwi­schen Arni­ka gebraucht. Arni­ka lässt sich aller­dings nicht kul­ti­vie­ren, sodass man auf scho­nen­de und nach­hal­ti­ge Wild­samm­lung ange­wie­sen ist.

Wir sind des­halb dank­bar, mit der Immor­tel­le (Helichry­sum ita­li­cum, auch ita­lie­ni­sche Stroh­blu­me oder Cur­ry­kraut genannt) eine bei stump­fen Trau­ma­ta äus­ser­lich anwend­ba­re Heil­pflan­ze zu haben, deren Wir­kung mit der von Arni­ka ver­gleich­bar ist. Rin­gel­blu­me (Calen­du­la offi­ci­na­lis) ist die Heil­pflan­ze für alle blu­ti­gen Ver­let­zun­gen. Äus­ser­lich ange­wandt regt sie, im Unter­schied zu Wund­des­in­fek­ti­ons­mit­teln allei­ne, sofort die Gra­nu­la­ti­on an, also die Bil­dung von Gewe­be zur Wund­hei­lung.

Schock, Trau­ma­ta und Ent­zün­dun­gen

Die Stor­chen­schna­bel-Urtink­tur (Gera­ni­um rober­tia­num) inner­lich zeigt bei aku­ten Schock­zu­stän­den innert weni­ger Sekun­den eine Wir­kung: Der Pati­ent kommt wie­der „zur Besin­nung“. Der Wald­sauer­klee (Oxa­lis ace­to­sel­la) – äus­ser­lich als Umschlag oder Sal­ben­auf­la­ge – hilft, das bei Trau­ma und Schock gelo­cker­te Wesens­glie­der­ge­fü­ge wie­der zu fes­ti­gen, das heisst Lebens­leib und See­len­leib wie­der mit dem phy­si­schen Kör­per zu ver­bin­den. Eine Zube­rei­tung aus Honig­bie­ne und Toll­kir­sche (Apis/Belladonna) zeigt ihre Wir­kung bei aku­ten Ent­zün­dun­gen infol­ge von Infek­tio­nen der Man­deln, des Mit­tel­ohrs, der Brust, im Darm etc., und zwar bereits bin­nen weni­ger Stun­den.

Art der Anwen­dung

Neben den äus­se­ren Anwen­dun­gen spie­len auf der inter­nis­ti­schen Not­fall­sta­ti­on die Injek­ti­ons- und Infu­si­ons­prä­pa­ra­te eine beson­de­re Rol­le, weil die­se unmit­tel­bar im rhyth­mi­schen Sys­tem, im Blut, ihre Wir­kung ent­fal­ten kön­nen: das gesun­de

Inein­an­der­grei­fen der vier Wesens­glie­der – zusätz­lich zu den drei bereits genann­ten auch des Ichs – wird impul­siert. Die typi­sche Anwen­dung ist die sub­ku­ta­ne Injek­ti­on (unter die Haut). Bei Schmer­zen kann auch in die Haut (intra­ku­tan) ver­ab­reicht wer­den, im Bereich der Glied­mas­sen kommt die intra­mus­ku­lä­re Ver­ab­rei­chung in Fra­ge. Direkt in die Vene (intra­ve­nös) ver­ab­reicht wird ins­be­son­de­re dann, wenn ein rascher Wir­kungs­ein­tritt erwünscht ist.

Zur Umge­hung des Magen-Darm­trakts ist auch die Anwen­dung in der Nase oder die Inha­la­ti­on geeig­net: Es wird direkt im rhyth­mi­schen Sys­tem ein­ge­grif­fen. Eine zen­tra­le Rol­le spie­len bei die­sen soge­nann­ten par­en­te­ra­len Arz­nei­for­men zum Bei­spiel: der blaue Eisen­hut (Aco­ni­tum napel­lus), eine Zube­rei­tung aus Bryo­phyl­lum (Brut­blatt) und Con­chae (Aus­tern­scha­le), Sti­bi­um (Anti­mon), eine Zube­rei­tung aus Kamil­le (Matri­ca­ria cha­mo­mil­la) und Tabak (Nico­tia­na taba­cum), Zube­rei­tun­gen aus Wald­amei­se (For­mi­ca), Honig­bie­ne (Apis mel­li­fi­ca), eine Zube­rei­tung aus Zitro­ne und Quit­te (Citrus/Cydonia, Gen­cy­do®), usw.

Die Wahl der Potenz­hö­he und die Häu­fig­keit der Gabe

Die Wahl der Potenz­hö­he bei poten­zier­ten Sub­stan­zen rich­tet sich einer­seits nach dem the­ra­peu­ti­schen Ziel, ande­rer­seits nach der Hef­tig­keit des Gesche­hens. Als Faust­re­gel gilt: je aku­ter das Gesche­hen, umso tie­fer die Potenz. Ähn­li­ches gilt für die Häu­fig­keit der Gaben: Glo­bu­li und Trop­fen kön­nen in sehr aku­ten Fäl­len stünd­lich und sogar noch öfter gege­ben wer­den. Indi­vi­du­el­le und kon­sti­tu­tio­nel­le Gesichts­punk­te tre­ten im Not­fall in den Hin­ter­grund

Inte­gra­ti­ve Medi­zin als Ziel

Die Domä­ne der Schul­me­di­zin ist die Sub­sti­tu­ti­on (z.B. Insu­lin) und das Con­tra­ria-Prin­zip (z.B. Anti­bio­ti­ka, Anti­hist­ami­ni­ka). Das Simi­le-Prin­zip ist die Domä­ne der Homöo­pa­thie. Die Anthro­po­so­phi­sche Medi­zin hat ihre Stär­ken in der Regu­la­ti­on und im Anstos­sen von Ent­wick­lungs­schrit­ten.

Ich plä­die­re für eine gesun­de Mischung aus Schul- und Kom­ple­men­tär­me­di­zin, ganz im Sinn von Ita Weg­man und Rudolf Stei­ner:

Nicht um eine Oppo­si­ti­on gegen die mit den aner­kann­ten wis­sen­schaft­li­chen Metho­den der Gegen­wart arbei­ten­de Medi­zin han­delt es sich. Die­se wird von uns in ihren Prin­zi­pi­en voll aner­kannt. Und wir haben die Mei­nung, dass das von uns Gege­be­ne nur der­je­ni­ge in der ärzt­li­chen Kunst ver­wen­den soll, der im Sin­ne die­ser Prin­zi­pi­en voll­gül­tig Arzt sein kann. 

Allein wir fügen zu dem, was man mit den heu­te aner­kann­ten wis­sen­schaft­li­chen Metho­den über den Men­schen wis­sen kann, noch wei­te­re Erkennt­nis­se hin­zu, die durch ande­re Metho­den gefun­den wer­den, und sehen uns daher gezwun­gen, aus die­ser erwei­ter­ten Welt- und Men­schen­er­kennt­nis auch für eine Erwei­te­rung der ärzt­li­chen Kunst zu arbei­ten.“

Not­fall­me­di­ka­men­te für den Haus­ge­brauch

Im Not­fall zu Hau­se kön­nen zusätz­lich zu eini­gen bereits genann­ten,
auch für den Haus­ge­brauch ver­füg­ba­ren Heil­mit­teln fol­gen­de Medi­ka­men­te
bzw. Mass­nah­men hilf­reich sein:

• Bei Bla­sen­ent­zün­dung: Euka­lyp­tus-Bla­sen­kom­pres­sen,
Kapu­zi­ner­kres­se-Urtink­tur.

• Bei Herz-Kreis­lauf-Pro­ble­men kann eine homöo­pa­thi­sche
Mischung aus Arni­ka, Ver­a­trum und Cam­pho­ra in nied­ri­gen
Poten­zen klei­ne Wun­der bewir­ken.

• Bei Durch­fall kann es hilf­reich sein, schäd­li­che, uner­wünsch­te
oder patho­ge­ne Sub­stan­zen im Magen-Darm-Trakt mit­tels
Koh­leta­blet­ten zu absor­bie­ren.

• Bei Erbre­chen kön­nen die homöo­pa­thi­schen Mit­tel Ver­a­trum
und Nux vomi­ca hel­fen.

• Bei Insek­ten­stich und Son­nen­brand hilft Com­bu­do­ron®,
je schnel­ler zur Hand, des­to bes­ser.

• Arni­ka bei allen stump­fen Ver­let­zun­gen wie Prel­lun­gen, Quet­schun­gen,
Zer­run­gen und Ver­stau­chun­gen habe ich ein­gangs bereits erwähnt; Rin­gel­blu­me
zur Wund­ver­sor­gung eben­so.

• Im Fall eines Zecken­stichs ist eine Zecken­zan­ge sehr hilf­reich.

Und nichts gegen Schul­me­di­zin: 

• Für Insek­ten­stich-All­er­gi­ker kann es Pha­sen im Leben geben, in denen das
Mit­tra­gen eines Adre­na­lin-Injek­tors lebens­ret­tend sein kann.

• Bei hohem Fie­ber kön­nen Essig­so­cken und Par­acet­amol
(Fie­ber­zäpf­chen) kom­bi­niert wer­den.

• Bei Fie­ber­krämp­fen bezie­hungs­wei­se einem epi­lep­ti­schen Anfall kann
ein Ben­zo­dia­ze­pin erfor­der­lich sein.

 

Leben ist lebens­ge­fähr­lich! Was Sie alles mit sich her­um­tra­gen oder in der Haus­apo­the­ke
auf­be­wah­ren, um sich und ande­ren im Not­fall hel­fen zu kön­nen, ist so indi­vi­du­ell wie Sie!
Und nicht zu ver­ges­sen: Nach einem Kat­zen­biss kann ein Anti­bio­ti­kum Leben ret­ten, oder
im Ver­let­zungs­fall kann auch die Teta­nus-Pro­phy­la­xe wich­tig sein.

 

Autoren177

Fach­per­son Gal­lus Stöck­ler
Arbeits­schwer­punk­te Stu­di­um der Phar­ma­zie in Wien,
zwei Jah­re Mit­ar­beit im Heil­mit­tel­la­bor der Ita Weg­man Kli­nik (jetzt: Kli­nik Arle­sheim), Erfah­run­gen in diver­sen öffent­li­chen Apo­the­ken in Öster­reich, seit 1996 Lei­ter der Ita Weg­man Apo­the­ke, Zusatz­aus­bil­dung in anthro­po­so­phisch erwei­ter­ter Phar­ma­zie, Vor­stand­mit­glied des Ver­ban­des für Anthro­po­so­phisch Erwei­ter­te Phar­ma­zie in der Schweiz VAEPS
Kon­takt gallus.stoeckler@klinik-arlesheim.ch

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.