Hilfe bei Entkräftung und schwerer Erschöpfung

Frau Mül­ler (Name von der Redak­ti­on geän­dert), Haus­frau und Mut­ter von vier klei­nen Kin­dern, das Jüngs­te von ihnen gera­de weni­ge Mona­te alt, fühl­te sich am Ende ihrer Kraft. Sie spür­te deut­lich: „Ich brau­che Hil­fe.“ Frau Mül­ler zeig­te Anzei­chen einer schwe­ren Wochen­bett­de­pres­si­on und hat­te mas­si­ve Schlaf­stö­run­gen. Sie reagier­te zuneh­mend gereizt auf die älte­ren Kin­der, konn­te sie und auch ihren Part­ner manch­mal kaum noch ertra­gen. Wenn sie unge­recht, auch unbe­herrscht ihrer Fami­lie gegen­über war, tat es ihr hin­ter­her sehr leid. Die anschlies­sen­den Schuld­ge­füh­le ihrer­seits unter­stütz­ten die­sen Teu­fels­kreis nur noch. Vere­na Jäsch­ke sprach mit Frau Mül­ler, nach­dem die­se vier Wochen auf der Fami­li­en­sta­ti­on der Ita Weg­man Kli­nik ver­bracht hat­te,  und befrag­te sie zu ihren Erfah­run­gen.

Erst schlei­chend, dann mit Nach­druck wur­de Frau Mül­ler deut­lich, dass es so nicht wei­ter­ge­hen konn­te. Sie such­te Hil­fe, wenn mög­lich in der Nähe ihres Hei­mat­or­tes. Zunächst rief sie in der Psych­ia­trie an. Dort wur­de ihr gesagt, dass sie, wegen der Anti­de­pres­si­va, mit dem Stil­len auf­hö­ren müs­se. „Das war das Letz­te, was ich hören woll­te, denn das Stil­len war für mich das ein­zi­ge, was noch funk­tio­nier­te.“
Durch Bekann­te wuss­te Frau Mül­ler von zwei Orten, an denen sie zusam­men mit ihrem jüngs­ten Kind hät­te gene­sen kön­nen. Doch das eine Haus war bereits geschlos­sen, das ande­re hat­te lan­ge War­te­zei­ten. Frau Mül­ler aber brauch­te jetzt und rasch Hil­fe.
Eine Freun­din, die um die­se Not­wen­dig­keit wuss­te, mach­te sie auf das Ange­bot der Ita Weg­man Kli­nik auf­merk­sam. Frau Mül­ler rief in der Kli­nik an und sprach auch mit der zustän­di­gen Ärz­tin der Fami­li­en­sta­ti­on, Frau Dr. Tor­ria­ni.
„Ihre Stim­me am Tele­fon zu hören, war für mich sehr wich­tig. Die­ser ers­te Ein­druck hat mich über­zeugt, hier­her zu kom­men.”

Ich will kei­ne Anti­de­pres­si­va

Kurz­fris­tig konn­te die Ver­sor­gung der Fami­lie orga­ni­siert wer­den, und so war es schon sehr bald mög­lich, dass Frau Mül­ler mit ihrer drei Mona­te alten Toch­ter Pau­la (Name von der Redak­ti­on geän­dert) auf die Fami­li­en­sta­ti­on auf­ge­nom­men wer­den konn­te. Was für Hil­fe such­te sie eigent­lich? „Ich möch­te Ruhe, ich will kei­ne psy­cho­the­ra­peu­ti­sche Behand­lung mit Anti­de­pres­si­va“, lau­te­te ihre Ant­wort gleich zu Beginn. Sie woll­te Abstand gewin­nen von allem und allen, Abstand von der Fül­le von Auf­ga­ben, denen sie daheim gegen­über­stand und die sie zu über­rol­len droh­ten. Am liebs­ten hät­te sie sich die Decke über den Kopf gezo­gen. Nichts mehr hören, sehen und vor allem: nicht mehr reagie­ren müs­sen. Die Gesprä­che in der Kli­nik hat­ten einen psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Effekt. Das hat sich so erge­ben, aber es stand eben nicht auf dem Stun­den­plan. Das war für Frau Mül­ler sehr wich­tig. „Ich habe mich als Mensch, als Ich, gefühlt. Ich fühl­te mich nicht krank und wur­de hier nicht krank gemacht. Ich konn­te mit den Pfle­gen­den über die ver­schie­dens­ten Sachen reden, nicht nur über Krank­heit.“

Vor ihrem Kli­nik­auf­ent­halt kann­te Frau Mül­ler kei­ne der in der Kli­nik ange­bo­te­nen The­ra­pi­en. Die The­ra­peu­ti­sche Sprach­ge­stal­tung war spon­tan das ein­zi­ge, was ihr aus der The­ra­pi­en­lis­te zusag­te. Und dann hat ihr Frau Tor­ria­ni aus­ge­rech­net Sprach­the­ra­pie vor­ge­schla­gen!
In der ers­ten Woche bekam Frau Mül­ler täg­lich eine Bein­ein­rei­bung sowie eine Ganz­kör­per­ein­rei­bung. „Das war so gut, ein­fach nur zu kon­su­mie­ren!“ Aber das war nicht sofort ihr Ein­druck. Zu Beginn ver­such­te Frau Mül­ler genau abzu­spü­ren, ob solch eine Ein­rei­bung Sinn macht. Nach dem Mot­to ‚Ich muss jetzt etwas spü­ren.’ Durch die selbst gesetz­te Not­wen­dig­keit, dass die Ein­rei­bung etwas bewir­ken müs­se, pas­sier­te gar nicht viel. Am Ende der ers­ten Woche war sie dann soweit zu sagen, „es soll mir ein­fach nur gut tun.“ Mit die­sem Schritt lös­te sich vie­les, und die Ein­rei­bung hat­te nun eine wohl­tu­en­de Wir­kung.

Als Frau Mül­ler ihren Stun­den­plan für die zwei­te Woche erhielt, erschrak sie zunächst. Man hat­te ihr einen Zet­tel gege­ben, der ihr über­la­den schien mit Ver­ord­nun­gen. Doch auch die­se Hür­de konn­te in einem klä­ren­den Gespräch genom­men wer­den. Nun kam die Sprach­the­ra­pie dazu. Es war nicht immer ein­fach, manch­mal wäre sie am liebs­ten gar nicht gegan­gen. Doch am Ende mach­te es ihr dann zum Teil auch Spass, und es wur­de ihr deut­lich, dass über die Spra­che etwas in Bewe­gung gebracht wur­de.

Das Ver­trau­en auch mal abge­ben

Frau Mül­ler muss­te und konn­te hier ler­nen, das Ver­trau­en dazu auf­zu­brin­gen, ihre klei­ne Pau­la mal abzu­ge­ben. Sie konn­te sich ja auch dar­auf ver­las­sen. Ihr Kind wur­de von den jeweils Ver­ant­wort­li­chen auf der Sta­ti­on lie­be­voll betreut.
Wäh­rend der vier Wochen brauch­te Pau­la eben­falls medi­zi­ni­sche Hil­fe – und der Kin­der­arzt war da. Ihre Toch­ter war nicht nur Beglei­te­rin, son­dern wur­de mit­be­treut und in ihrer Ent­wick­lung geför­dert. Die enor­me Beein­träch­ti­gung der Kräf­te von Frau Mül­ler ging an Pau­la nicht spur­los vor­über. Dem konn­te aber rasch ent­ge­gen­ge­wirkt wer­den, was sich wie­der­um auf die Gesund­heit der Mut­ter posi­tiv aus­wirk­te. Es tat ihr sehr gut zu erle­ben, wie es Pau­la zuneh­mend bes­ser ging.

Anfangs setz­te ich mich selbst unter Druck, um etwas in die anthro­po­so­phi­sche Welt ein­zu­tau­chen. Ich habe ange­fan­gen, in ent­spre­chen­den Erzie­hungs­ratge­bern zu lesen, die es auf der Sta­ti­on gibt, bis Frau Tor­ria­ni mich davon abhielt. Sie half mir, wirk­lich zur Ruhe zu kom­men und die­sen andau­ern­den Druck zu mini­mie­ren.“

Sol­che Orte soll­te es öfter geben

Frau Mül­ler wür­de zu gern die­sen Ort mit nach Hau­se neh­men. Sie konn­te hier so gut gene­sen, dass sie mit Dank­bar­keit auf die Zeit zurück­schaut. „Mit Frau Dr. Tor­ria­ni und dem Per­so­nal der Fami­li­en­ab­tei­lung hat die Kli­nik Per­len“, weiss Frau Mül­ler. So hat sie es jeden­falls erlebt und bedau­ert sehr, dass es sol­che Orte nicht häu­fi­ger gibt. „Ich habe neue Impul­se erhal­ten, möch­te eini­ges in mei­nem Leben ändern. Jetzt habe ich wie­der Ener­gie dafür.“

Vier Wochen war Frau Mül­ler in der Kli­nik. Das ist sehr lang für eine Mut­ter, und so gab es auch Heim­weh. Aber die Län­ge des Auf­ent­hal­tes war not­wen­dig, um wirk­lich zu gesun­den. „Jetzt freue ich mich wie­der auf zu Hau­se. Sie alle zu sehen, ihr Lachen zu hören, wie­der zusam­men zu sein. Die vier nicht nur ein­fa­chen Wochen haben mich und mei­ne Fami­lie geret­tet. Ich kann die Kri­se jetzt wirk­lich als Chan­ce sehen und erle­ben – und nun Neu­es begin­nen.“
Frau Mül­ler wird an ihrem Wohn­ort eine Psy­cho­the­ra­pie wei­ter­füh­ren und regel­mäs­sig Frau Dr. Tor­ria­ni tref­fen. Dies ermög­licht eine Kon­ti­nui­tät der begon­ne­nen Behand­lung und ver­min­dert das Risi­ko, erneut in eine Depres­si­on zu fal­len.

Autoren10

Fach­per­son Vere­na Jäsch­ke
Arbeits­schwer­punk­te Leh­rer­aus­bil­dung
Deutsch, Mathe­ma­tik, Musik. Seit 1996 für die
Ita Weg­man Kli­nik tätig, Lek­to­rat, Sekre­ta­ri­at
der Kli­nik­lei­tung,
PR-Assis­ten­tin; seit 2003 Beauf­trag­te für Kom­mu­ni­ka­ti­on, dabei zustän­dig u. a. für Medi­en­ar­beit, Mar­ke­ting, Redak­ti­on Quin­te und Mitarbeiter­zeitung.
Kon­takt 061 705 72 14
verena.jaeschke@wegmanklinik.ch

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