
Liebe Leserin, lieber Leser
„Zu welcher Patientin soll ich als nächstes gehen?“, fragt die diensthabende Ärztin auf der Notfallstation. Der Pflegefachmann informiert sie kurz über den aktuellen Stand: „Da ist Frau Adler*, sie wartet schon seit einer Stunde mit einem neu aufgetretenen Hautausschlag. Frau Braun* mit starkem Brennen beim Wasserlösen – sie wartet schon seit anderthalb Stunden und fragt, wann sie endlich dran sei. Und eben ist noch Frau Clay* gekommen, sie klagt seit heute Morgen über Atemnot.“ Die Entscheidung der Ärztin ist klar: Zuerst muss sie zu Frau Clay. Es könnte eine Lungen-
embolie, eine Rhythmusstörung oder sonst eine Krankheit sein, welche eine sofortige Behandlung nötig macht – auch wird die Überwachung unverzüglich eingeleitet. Bei den anderen Patientinnen wird es nun zu einer noch längeren Wartezeit kommen.
Diese und ähnliche Situationen sind in den letzten Jahren häufiger vorgekommen. Der Notfall, den wir 2006 eingerichtet und im Jahr 2012 vergrössert haben, ist gefragt, was die steigenden Patientenzahlen zeigen. Wir haben uns deshalb entschieden, die Abläufe zu verbessern, konkret heisst dies, sie zu entflechten: Patientinnen und Patienten mit leichteren Beschwerden sollen rasch behandelt werden durch eine Oberärztin oder einen Oberarzt im neuen, sogenannten Walk-in-Bereich, Patientinnen und Patienten mit schwereren Beschwerden wie bisher auf dem Notfall. Dafür haben wir das „Notfall-plus-Projekt“ initiiert, mit dem Abläufe und Raumnutzungen deutlich verbessert werden. Die neuen Prozesse sind bereits jetzt auf den Klinik-Neubau ausgerichtet.
Unmittelbar beim Eintreffen wird bei der Patientin oder dem Patienten durch eine Pflegefachperson eine Erstbeurteilung durchgeführt mittels sogenanntem Manchester-Score – darauf wurde das gesamte Pflege- und Ärzteteam geschult. Entsprechend werden Patientinnen und Patienten nach neusten Notfall-Standards behandelt. Die Kranken, die den Farben Gelb, Orange oder Rot zugeordnet werden, kommen direkt auf den Notfall und werden sofort mit der nötigen Infrastruktur und Überwachung versorgt. Für Patientinnen und Patienten, die aufgrund der Beurteilung den Farben Grün und Blau zugeordnet werden, reicht voraussichtlich eine ambulante Versorgung. Sie werden direkt vor Ort im Walk-in behandelt und können schnell wieder nach Hause.
Natürlich sind dabei immer wieder Überraschungen möglich. Ein leichtes Symptom kann sich als schwerwiegendes Problem herausstellen, und ein stärkerer Schmerz kann rasch vorbei und harmlos sein – wir Menschen sind vielfältig und individuell. Deshalb braucht es die Geistesgegenwart und die Zusammenarbeit aller Beteiligten. Lesen Sie dazu die spannenden Berichte in diesem Heft.
Ich wünsche viel Vergnügen dabei.
*Name von der Redaktion geändert
Fachperson |
Für das Redaktionsteam |