Es ist nicht nur das Herz.“

Die Kar­dio­lo­gie der Kli­nik Arle­sheim wird seit weni­gen Mona­ten durch den Herz­spe­zia­lis­ten PD Dr. med. Tho­mas Die­ter­le ver­stärkt. Im Gespräch mit „Quinte“-Redaktorin Vere­na Jäsch­ke beschreibt er sei­nen Weg an die Kli­nik.

Herr Die­ter­le, wel­ches beruf­li­che Ziel hat­ten Sie ursprüng­lich?

Von Anfang an woll­te ich Kar­dio­lo­ge wer­den. Das Herz als Organ fas­zi­nier­te mich. Aber es war mir auch genau­so wich­tig, das gesam­te Feld der Inne­ren Medi­zin ken­nen­zu­ler­nen, um den Men­schen als Gan­zes erfas­sen zu kön­nen. Oft haben die Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten nicht nur etwas am Her­zen, son­dern das gesund­heit­li­che Pro­blem drückt sich letzt­end­lich dort aus. Auch spie­len psy­cho­so­zia­le oder gene­ti­sche Belas­tun­gen eine Rol­le. Dafür woll­te ich das Gan­ze im Blick haben.

Wie haben Sie das geschafft?

Ich habe in Frei­burg und Inns­bruck Medi­zin stu­diert. Für das prak­ti­sche Jahr war ich erst­mals in der Schweiz. 1995 habe ich in Karls­ru­he in der Kar­dio­lo­gie begon­nen. Als mein Chef nach Leip­zig geru­fen wur­de, ging ich nicht mit, son­dern habe für ein Jahr eine Stel­le als wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter am Uni­spi­tal Basel (USB) ange­nom­men, eine ziem­lich gros­se Stu­die betreut, kli­nisch gear­bei­tet. Anschlies­send war ich für ein Jahr am Felix Plat­ter Spi­tal, bevor ich erneut ans USB beru­fen wur­de – zunächst für drei Mona­te. Das ver­län­ger­te sich dann immer wie­der und resul­tier­te 2001 in der Fach­arzt­an­er­ken­nung Inne­re Medi­zin. In die­ser gan­zen Zeit habe ich mich immer bemüht, die mir anver­trau­ten Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten ganz­heit­lich anzu­schau­en und mei­ne Sicht auf die kran­ken Men­schen mit der mei­ner Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen abzu­glei­chen. Gera­de durch so eine dif­fe­ren­zier­te Sicht lernt man sehr viel und es erschlies­sen sich Aspek­te, die sonst nicht immer offen zuta­ge lie­gen.

Wie ging es dann wei­ter in Rich­tung Kar­dio­lo­gie?

Ich ging mit der gan­zen Fami­lie für zwei Jah­re in die USA, nach San Die­go, und habe über Gen­the­ra­pie bei Herz­in­suf­fi­zi­enz geforscht sowie in der Kar­dio-Neu­ro-Endo­kri­no­lo­gie das Zusam­men­wir­ken von Herz, Hirn und Hor­mo­nen unter­sucht. Danach setz­te ich mei­ne Aus­bil­dung in der Kar­dio­lo­gie am USB fort. Dane­ben war ich in der trans­la­tio­na­len For­schung sehr aktiv, also in der Ver­bin­dung zwi­schen expe­ri­men­tel­ler For­schung und kli­ni­scher Anwen­dung. Wir haben in einer klei­nen, sehr erfolg­rei­chen Grup­pe unter ande­rem ein Hor­mon­sys­tem unter­sucht, das der Kör­per als Schutz­me­cha­nis­mus ein­ge­baut hat. Wir woll­ten her­aus­fin­den, wie man das für Dia­gno­se und The­ra­pie nut­zen kann.

Seit­dem sind Sie als Kar­dio­lo­ge tätig?

Nach der Fach­arzt­aus­bil­dung Kar­dio­lo­gie war ich zunächst für eini­ge Jah­re als Ober­arzt im Bereich Herz­in­suf­fi­zi­enz und Herz­trans­plan­ta­ti­on tätig und bin dann in die Dia­gnos­tik­in­dus­trie gegan­gen, wo ich bei Roche Dia­gnostics für die Pla­nung und stra­te­gi­sche Aus­rich­tung der Bio­mar­ker-For­schung und -Ent­wick­lung bei Herz-Kreis­lauf- und ent­zünd­li­chen Erkran­kun­gen zustän­dig war. Ziel war es, Ansät­ze für eine per­so­na­li­sier­te Dia­gnos­tik und ent­spre­chen­de The­ra­pi­en zu ent­wi­ckeln, also die­se so zu „stri­cken“, dass sie pass­ge­nau auf den ein­zel­nen Pati­en­ten abge­stimmt sind. Das ent­sprach mei­nem Bild, dass sich eine Herz­er­kran­kung bei jedem Men­schen anders zeigt und auch, wo immer mög­lich, indi­vi­dua­li­siert behan­delt wer­den soll­te. Lei­der gibt es in der Kar­dio­lo­gie, im Gegen­satz zur Onko­lo­gie, noch nicht vie­le sol­cher indi­vi­dua­li­sier­ter oder per­so­na­li­sier­ter Kon­zep­te, wie sie auch genannt wer­den. In die­ser Zeit habe ich neben der beruf­li­chen Tätig­keit auch ein Stu­di­um für Manage­ment im Gesund­heits­we­sen absol­viert.

Wie sind Sie dann wie­der zurück­ge­kehrt in den kli­ni­schen All­tag?

Im Novem­ber 2014 wur­de ich als Lei­ten­der Arzt, als For­schungs­lei­ter und Kli­nik­ma­na­ger nach Lies­tal an die Medi­zi­ni­sche Uni­ver­si­täts­kli­nik des Kan­tons­spi­tals Basel­land beru­fen. Mei­ne ers­te Manage­ment­auf­ga­be bestand dar­in, aus den Medi­zi­ni­schen Kli­ni­ken an drei Stand­or­ten ein Depar­te­ment für Inne­re Medi­zin zu schmie­den. Auch mit der Ein­füh­rung der elek­tro­ni­schen Kran­ken­ak­te wur­de ich beauf­tragt. Ich habe aber immer noch viel Zeit am Kran­ken­bett ver­bracht. Zudem habe ich im Rah­men des Lehr­auf­trags an der Uni Basel Vor­le­sun­gen gehal­ten, Kur­se gege­ben und Bache­lor-, Mas­ter- und Dok­tor­ar­bei­ten betreut. In der Aus­bil­dung war und ist es mir wich­tig, den Stu­die­ren­den und Assis­tenz­ärz­tin­nen und -ärz­ten zu ver­mit­teln, dass unse­re Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten nicht nur Fäl­le sind, nicht nur eine Lun­gen­ent­zün­dung oder ein Herz­in­farkt, son­dern Men­schen mit all ihren Facet­ten. Und von die­sen soll­ten wir so vie­le wie mög­lich erfas­sen, um mit und für unse­re Pati­en­ten Lösun­gen für ihre Gesund­heits­fra­gen und -pro­ble­me zu fin­den, mit denen sie so gut wie mög­lich leben kön­nen. Die­se Ganz­heit­lich­keit woll­te ich in der Arbeit leben.

Wie sind Sie auf die Kli­nik Arle­sheim auf­merk­sam gewor­den?

Im Som­mer 2018 habe ich an einer Ärz­te­fort­bil­dung in der Kli­nik einen Vor­trag gehal­ten. In die­sen Fort­bil­dun­gen geht es jeweils um die Inte­gra­ti­on der Schul­me­di­zin und der anthro­po­so­phi­schen Gesichts­punk­te. Ich habe von der dama­li­gen Dis­kus­si­on nicht viel ver­stan­den, aber die Stim­mung und die Art, die Din­ge anzu­schau­en, hat mich sehr berührt und moti­viert, mich näher mit Anthro­po­so­phi­scher Medi­zin zu befas­sen. Die Gesprä­che mit den Kar­dio­lo­gen der Kli­nik über „Wie soll Medi­zin sein? Was erwar­ten wir von Medi­zin? Wo ist unser Platz in der Medi­zin?“ haben mir gezeigt: Wir sind auf der glei­chen Wel­len­län­ge unter­wegs. Ich habe dann in der Kli­nik hos­pi­tiert und auch das Ein­füh­rungs­se­mi­nar Anthro­po­so­phi­sche Medi­zin mit­ge­macht. Die vie­len Dimen­sio­nen, unter denen man den Men­schen anse­hen kann – das hat mich beein­druckt und berührt. Jetzt bin ich mit­ten­drin in der Ärz­teaus­bil­dung Anthro­po­so­phi­sche Medi­zin.

War­um haben Sie als „ein­ge­fleisch­ter Schul­me­di­zi­ner“ an die Kli­nik gewech­selt?

Das Men­schen­bild, das hier im Zen­trum steht, kommt mir sehr ent­ge­gen und ent­spricht dem, was ich mein gan­zes Leben ver­sucht habe zu leben. Ich habe mir zum Ziel gesetzt, die Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten als Gan­zes zu erfas­sen, und glau­be, dass ich dies an der Kli­nik Arle­sheim auch sehr gut rea­li­sie­ren kann. Die anthro­po­so­phi­schen Aspek­te, soweit ich sie selbst nach­voll­zie­hen kann, möch­te ich – zusätz­lich zu einer wis­sen­schaft­lich fun­dier­ten Schul­me­di­zin – in die The­ra­pie ein­flies­sen las­sen. Zudem will ich dazu bei­tra­gen, the­ra­peu­ti­sche Kon­zep­te zu ent­wi­ckeln und wis­sen­schaft­lich zu unter­füt­tern, mit Beob­ach­tungs- und Inter­ven­ti­ons­stu­di­en: Wie funk­tio­nie­ren die Medi­ka­men­te, wann, bei wem? Kann ich das so dar­stel­len, dass auch ein Schul­me­di­zi­ner ver­steht, wor­um es geht? Letzt­end­lich gibt es für mich kein „Ent­we­der Schul- oder Anthro­po­so­phi­sche Medi­zin“, son­dern es geht dar­um, eine gemein­sa­me Spra­che zu fin­den, um das Bes­te für unse­re Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten zu errei­chen. Bei die­sem Brü­cken­bau will ich mich gern enga­gie­ren. Dazu kommt, dass man mit den Werk­zeu­gen, die man als Schul­me­di­zi­ner hat, nicht sel­ten an sei­ne Gren­zen stösst. Das ist gera­de in der Betreu­ung von Pati­en­ten mit Erkran­kun­gen wie zum Bei­spiel der Herz­in­suf­fi­zi­enz, die manch­mal Lebens­pla­nun­gen auf den Kopf stellt, der Fall. Da steht eine gan­ze Dimen­si­on dahin­ter, die man nicht in Zah­len fas­sen kann. Hier an der Kli­nik gibt es eine Schul­me­di­zin, wie man sie machen soll­te, aber es ist dar­über hin­aus viel Erfah­rung mit zusätz­li­chen Mög­lich­kei­ten vor­han­den, in die ich mich gern ein­ar­bei­te.

Was bie­tet die Kar­dio­lo­gie an der Kli­nik Arle­sheim?

Unser Team aus vier Kar­dio­lo­gin­nen und Kar­dio­lo­gen, Dr. med. Sabi­ne Metz­ger, Dr. med. Chris­ti­na Mara­tu­kallam, Dr. med. Mar­kus Wein­ba­cher und mir, die alle lang­jäh­ri­ge Erfah­rung aus allen Berei­chen der ambu­lan­ten und sta­tio­nä­ren Kar­dio­lo­gie und auch der Inne­ren Medi­zin mit­brin­gen, bie­tet die meis­ten ambu­lant durch­führ­ba­ren dia­gnos­ti­schen Ver­fah­ren an. Dazu gehö­ren natür­lich das Ruhe-EKG, Lang­zeit-Blut­druck- und Lang­zeit-EKG-Mes­sun­gen, Belas­tungs-EKGs und Kon­trol­len von Herz­schritt­ma­chern aller Her­stel­ler. Wei­ter bie­ten wir die Echo­kar­dio­gra­phie, also die Ultra­schall­un­ter­su­chung des Her­zens an, auch mit Belas­tungs­test als Stress-Echo­kar­dio­gra­phie, als Schluck-Echo­kar­dio­gra­phie (trans­ö­so­pha­gea­le Echo­kar­dio­gra­phie) und Kon­trast­mit­tel-Echo­kar­dio­gra­phi­en an.
Das Spek­trum des Ange­bots reicht dar­über hin­aus von der Vor­beu­gung (Prä­ven­ti­on) über die nicht-inva­si­ve Abklä­rung und The­ra­pie von Herz-Kreis­lauf-Erkran­kun­gen bis zur Betreu­ung von Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten nach Herz­ka­the­ter­un­ter­su­chun­gen und -ein­grif­fen sowie Herz­ope­ra­tio­nen. Als Schwer­punk­te bie­ten wir in Zusam­men­ar­beit mit der Ultra­schall-Abtei­lung der Kli­nik Arle­sheim, unse­rem haus­ei­ge­nen Labor und mit dem Labor Viol­lier die Abklä­rung und The­ra­pie von kom­ple­xen und schwie­rig zu the­ra­pie­ren­den Blut­hoch­druck­for­men. Eine wei­te­re Exper­ti­se besteht im Bereich der Betreu­ung von Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten mit aku­ter und chro­ni­scher Herz­in­suf­fi­zi­enz, soweit kei­ne spe­zi­el­len The­ra­pie­ver­fah­ren, wie zum Bei­spiel Herz­ka­the­terein­grif­fe, Herz­as­sis­tenz­sys­te­me oder ande­re ope­ra­ti­ve Ver­fah­ren, benö­tigt wer­den. Dar­über hin­aus sind wir kon­si­lia­risch auch für die Not­fall- und sta­tio­nä­ren Pati­en­ten mit Herz- und Kreis­lauf­pro­ble­men jeder­zeit ver­füg­bar.

Vie­len Dank für das Gespräch!

Fach­per­son

PD Dr. med. Tho­mas Die­ter­le

Arbeits­schwer­punk­te Fach­arzt Inne­re Medi­zin und Kar­dio­lo­gie
Fach­arzt­aus­bil­dung in Karls­ru­he, Basel und San Diego/USA, For­schungs- und Lehr­tä­tig­keit, Tätig­keits­schwer­punk­te:
Kar­dio­lo­gie, ins­be­son­de­re Hyper­to­nie und kar­dio­vas­ku­lä­re Risi­ko­fak­to­ren, Herz­in­suf­fi­zi­enz, All­ge­mei­ne Inne­re Medi­zin.
Kon­takt thomas.dieterle@klinik-arlesheim.ch

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