
Der Tastsinn ist etwas wie ein Ursinn. Wir erleben in ihm dumpf die Grenzen unseres Körpers. Er vermittelt uns das Gefühl, zu Hause zu sein, das Gefühl des Urvertrauens, ein Gottesgefühl. Wenn uns dieser Halt in unserem Körper fehlt, dann bekommen wir Angst. Der Tastsinn vermischt sich mit den anderen Sinnen, wir tasten auch mit den anderen Sinnesorganen: das Formen-Tasten der Augen, das Schnüffeln mit der Nase, das Lauschen mit den Ohren.
Etwas, was es in der Naturwissenschaft nicht gibt, ist der Lebenssinn. Er bewirkt, dass wir uns wohl fühlen. Wir bemerken den Lebenssinn erst, wenn wir ihn nicht mehr haben, wenn es uns unwohl ist: Kälte, Hunger, Durst, Schmerz stören den aufbauenden Lebenssinn.
Mit den Fähigkeiten des Tastens werden wir geboren, den Lebenssinn erwerben wir im 1. Lebensjahr. Der Eigenbewegungssinn kann lebenslänglich weiterentwickelt werden. Er ist der grosse Nachahmer. In der Nachahmung können wir erleben, wie der Muskelmensch etwas Autonomes ist. Wichtig ist dieser Sinn beim Gehen- und Sprechenlernen, später auch beim Schreiben- und Lesenlernen und für alle Tätigkeiten, die wir im Lauf des Lebens erlernen.
Der Gleichgewichtssinn ist ebenfalls ein Sinn, den wir nur bemerken, wenn er nicht funktioniert: bei Schwindel oder Seekrankheit. Es handelt sich um den Schweresinn, der uns lehrt, mit der Schwerkraft umzugehen und uns aufzurichten.
Rudolf Steiner betonte den Zusammenhang des Gleichgewichtsorgans mit dem Geometrisieren, den Zusammenhang des Bewegungssinns mit dem Arithmetisieren. In der Schulreife verwandeln sich die beiden Sinne, die bisher aufrichtend am Körper gearbeitet haben, in diese mathematischen Fähigkeiten. Auch Schreib- und Leseprobleme haben ihre Ursache oft in nicht richtig umgewandelten Bewegungs- und Gleichgewichtsfähigkeiten.