Die onkologische Tagesklinik aus Patientensicht

Wir beglei­ten den Men­schen ganz­heit­lich in hoch­a­ku­ten oder auch in sta­bi­len Pha­sen sei­ner Krank­heit, mit einem kura­ti­ven Ansatz oder in der pal­lia­ti­ven Pha­se am Ende sei­nes Lebens. Dabei gehen die Schul­me­di­zin und die anthro­po­so­phi­sche Medi­zin Hand in Hand. Bei der Behand­lung kommt der Wär­me eine gros­se Bedeu­tung zu. Anhand von vier Pati­en­ten­bei­spie­len aus dem Tages­kli­nik-All­tag soll das hier ver­deut­licht wer­den. Alle vier Bei­spie­le wer­den von den Betrof­fe­nen sel­ber geschil­dert. Wir beglei­ten den Men­schen ganz­heit­lich in hoch­a­ku­ten oder auch in sta­bi­len Pha­sen sei­ner Krank­heit, mit einem kura­ti­ven Ansatz oder in der pal­lia­ti­ven Pha­se am Ende sei­nes Lebens. Dabei gehen die Schul­me­di­zin und die Anthro­po­so­phi­sche Medi­zin Hand in Hand. Bei der Behand­lung kommt der Wär­me eine gros­se Bedeu­tung zu. Anhand von vier Pati­en­ten­bei­spie­len aus dem Tages­kli­nik-All­tag soll das hier ver­deut­licht wer­den. Alle vier Bei­spie­le wer­den von den Betrof­fe­nen sel­ber geschil­dert.

Am Mor­gen vor der Fie­ber­the­ra­pie esse ich nur ein leich­tes Früh­stück, weil die Fie­ber­the­ra­pie zuwei­len recht anstren­gend für mei­nen Kör­per ist. In der Tages­kli­nik ange­kom­men, wer­de ich stets in ein Ein­zel­zim­mer gebracht. Ich zie­he mei­nen Pyja­ma an und erhal­te sogleich eine Fie­ber­son­de, die ich rek­tal ein­füh­re. Dar­in befin­det sich ein Mikro­chip in einer klei­nen Kugel, der alle zwei Minu­ten mei­ne Tem­pe­ra­tur fest­hält. So kann man nach­her schön mei­ne Fie­ber­kur­ve des heu­ti­gen Tages sehen. Das ist sehr inter­es­sant, denn jeder Mensch hat eine ande­re Kur­ve. Man könn­te fast sagen: so wie das Tem­pe­ra­ment des Men­schen, so sei­ne Kur­ve.
Nun wird mir eine Kanü­le in die Vene gelegt, und ich erhal­te eine fie­ber­er­zeu­gen­de Mis­tel­in­fu­si­on. Die­se dau­ert drei Stun­den. Sobald die Infu­si­on läuft, wird mir ein Ing­wer-Nie­ren­wi­ckel umge­legt. Dies soll mei­nen Wär­me­haus­halt in Schwung brin­gen. Wäh­rend ich so dalie­ge, ein­ge­wi­ckelt in ange­wärm­te Tücher, spü­re ich, wie der fri­sche Ing­wer nach eini­gen Minu­ten anfängt zu wär­men. Es ist eine fei­ne Wär­me, die sich nach und nach in mir aus­brei­tet, wie ein inne­res Feu­er­chen.
Nach unge­fähr 30 Minu­ten kommt der Ing­wer weg. Die Pfle­gen­de wäscht ihn mir ein biss­chen ab und trägt Man­del­öl auf, um die gerö­te­te Haut zu pfle­gen und die Poren wie „abzu­schlies­sen“, so dass die Wär­me wei­ter­wir­ken kann.
Bevor ich anfan­ge zu fie­bern, ist Arzt­vi­si­te. Da kann alles Wich­ti­ge bespro­chen wer­den. Zum Ende der Infu­si­on hin wird mir kalt, ich fan­ge an zu frös­teln, bekom­me Glie­der­schmer­zen, füh­le mich auch see­lisch wie auf­ge­weicht und etwas durch­läs­sig. Es kön­nen wei­te­re Sym­pto­me auf­tre­ten, wie Kopf­weh und Übel­keit. Davon blei­be ich aber meist ver­schont.
Die Pfle­gen­de bringt mir nun zwei gros­se, flau­schi­ge Wär­me­tü­cher und meh­re­re heis­se Bett­fla­schen. Ich wer­de ein­ge­mum­melt in Wär­me und döse und schlot­te­re vor mich hin. Ich weiss ja, dass das Lei­den nicht lan­ge geht. Nach rund andert­halb Stun­den ist mir sehr heiss, und ich wür­de am liebs­ten die Decke von mir wer­fen, har­re aber noch ein biss­chen aus.
Etwas spä­ter fan­ge ich an, mich lang­sam abzu­de­cken. Ich schwit­ze stark und bin etwas erschöpft, füh­le mich aber wie­der wohl. Ich gehe duschen, wer­de bald etwas essen und dann nach Hau­se gehen. Der Chip, der mei­ne Kör­per­tem­pe­ra­tur auf­ge­zeich­net hat, wur­de in der Zwi­schen­zeit aus­ge­wer­tet. Heu­te ging mein Fie­ber auf 39,8 Grad hoch. Das ist doch schon mal was.
Auf­fäl­lig ist für mich, dass ich mich am Tag nach der Fie­ber­the­ra­pie stets sehr erfrischt und rich­tig vita­li­siert füh­le. Ich neh­me an, das wird mor­gen auch so sein.

Die Lokalhyperthermie

Frau M. ist 55 Jah­re alt, sie ist seit 2013 an Darm­krebs erkrankt, seit 2015 hat sie Meta­sta­sen in der Leber. Sie war in einem aku­ten Krank­heits­ver­lauf zwei Wochen als sta­tio­nä­re Pati­en­tin in der Kli­nik Arle­sheim. Der Sta­ti­ons­arzt hat sie zur wei­ter­füh­ren­den The­ra­pie in die onko­lo­gi­sche Tages­kli­nik über­wie­sen. Nach einem Erst­ge­spräch mit dem behan­deln­den Arzt wur­de die The­ra­pie fest­ge­legt. Frau M. erhält zwölf Lokal­hy­per­ther­mie-Sit­zun­gen, ein­mal monat­lich eine Ganz­kör­per­hy­per­ther­mie-Behand­lung und ein­mal wöchent­lich eine Infu­si­on mit einem Mis­tel­prä­pa­rat. Frau M. lebt mit ihrer Freun­din und ihren drei Hun­den zusam­men. Sie ist Gross­mutter eines fünf­jäh­ri­gen Mäd­chens.

Heu­te ist mein ers­ter Tag in der onko­lo­gi­schen Tages­kli­nik. Ich wer­de von der zustän­di­gen Pfle­ge­fach­frau am frü­hen Mor­gen emp­fan­gen und in das Lokal­hy­per­ther­mie-Zim­mer beglei­tet. Mir wird der Tages­ab­lauf von der Pfle­gen­den erklärt, und die offen geblie­be­nen Fra­gen wer­den mir aus­führ­lich beant­wor­tet.
Bei der loka­len Hyper­ther­mie wird durch elek­tro­ma­gne­ti­sche Wel­len Wär­me im Gewe­be erzeugt. Gesun­de Zel­len haben einen gesun­den Umgang mit der Wär­me, Tumor­zel­len hin­ge­gen reagie­ren sehr emp­find­lich auf erhöh­te Wär­me. Bei mir wird die Leber behan­delt. Mit Hil­fe der Pfle­gen­den lege ich mich auf das Spe­zi­al­bett der Lokal­hy­per­ther­mie. Das Gerät wird über der Leber in Posi­ti­on gebracht und gestar­tet. Die Behand­lung dau­ert eine Stun­de, wäh­rend die­ser Zeit kommt die Pfle­gen­de immer wie­der, um sich nach mei­nem Befin­den zu erkun­di­gen.
Danach wer­de ich in das Ganz­kör­per­hy­per­ther­mie-Zim­mer beglei­tet. Ich erhal­te eine Infu­si­on mit Mis­tel­zu­sät­zen, über zwei Stun­den. Wäh­rend die­ser Zeit bringt mir die Pfle­ge­hel­fe­rin ein war­mes, duf­ten­des Fuss­bad mit Melis­se. Sie erklärt mir, dass die Melis­se eine har­mo­ni­sie­ren­de und wär­men­de Wir­kung hat, die mir hel­fen soll, die anschlies­sen­de Ganz­kör­per­hy­per­ther­mie bes­ser zu ertra­gen. Dann kommt mein Arzt zur Visi­te vor­bei.

Die Ganzkörperhyperthermie

Bei der Ganz­kör­per­hy­per­ther­mie ent­steht durch was­ser­ge­fil­ter­te Infra­rot-A-Strah­lung eine von aus­sen in die Wege gelei­te­te Über­wär­mung des gesam­ten Kör­pers. Der Pati­ent liegt in einem Bett, das umge­ben ist von einem abge­schlos­se­nen Zelt, der Kopf schaut her­aus. Dabei wird die Kör­per­tem­pe­ra­tur auf cir­ca 38,5 Grad bis 39,5 Grad erhöht.

Nach der Infu­si­on lege ich mich in das Ganz­kör­per­hy­per­ther­mie-Bett. Mei­ne Tem­pe­ra­tur, mein Puls, die Atmung und mein Blut­druck wer­den wäh­rend der gan­zen Behand­lung über einen Moni­tor über­wacht. Nach einer hal­ben Stun­de fan­ge ich stark an zu schwit­zen. Ich erhal­te von der Pfle­gen­den einen küh­len­den Zitro­nen-Wickel auf die Stirn und Was­ser zu trin­ken. Wahl­wei­se gibt es Tee, ver­dünn­te Frucht­säf­te oder bei sehr star­kem Schwit­zen und lan­ger Zeit im Wär­me­zelt eine sal­zi­ge Lösung mit soge­nann­ten Elek­tro­ly­ten, die etwas komisch schmeckt.
Nach 90 Minu­ten errei­che ich die Ziel­tem­pe­ra­tur. Bis dahin ist es ein etwas stei­ni­ger Weg. Ich bin bei stei­gen­der Tem­pe­ra­tur über 38 Grad inner­lich sehr bewegt und etwas unru­hig. Die umsor­gen­de Prä­senz der Pfle­gen­den hilft mir, durch die­se viel­leicht 40-minü­ti­ge Kri­se hin­durch­zu­ge­hen. Die Wär­me­lam­pen wer­den nach dem Errei­chen der Ziel­tem­pe­ra­tur abge­stellt. Ich wer­de mit war­men Tüchern ein­ge­packt, denn nun soll ich das Fie­ber hal­ten oder bes­ser noch: Es soll von mei­nem Kör­per selb­stän­dig zusätz­lich erhöht wer­den. Nach einer Stun­de bekom­me ich Kopf­schmer­zen. Die Pfle­gen­de erklärt mir, dass dies vom Fie­ber kom­men kann, und ich erhal­te eine anthro­po­so­phi­sche Trop­fen-Mischung, die mir bald Erleich­te­rung bringt.
End­lich habe ich die The­ra­pie über­stan­den. Die Pfle­ge­hel­fe­rin bringt mir einen Bade­man­tel. Die ganz ver­schwitz­ten Tücher kom­men weg, und ich ruhe ein­fach ein biss­chen im Bade­man­tel nach. Die The­ra­pie ist recht anstren­gend, und ich freue mich über das fei­ne Mit­tag­essen. Mit der zustän­di­gen Pfle­ge­fach­frau schau­en wir noch­mals auf den The­ra­pietag zurück und klä­ren noch offe­ne Fra­gen. Sie wer­den mir gut und ein­fühl­sam beant­wor­tet.

Chemotherapie kombiniert mit Misteltherapie

Frau K. ist 45 Jah­re alt und hat seit kur­zem die Dia­gno­se Brust­krebs rechts. Für eine zwei­te Mei­nung kommt sie in die ambu­lan­te Sprech­stun­de. Nach dem Gespräch ent­schei­det sich Frau K., die The­ra­pie bei uns in der Tages­kli­nik zu machen. Der behan­deln­de Arzt hat eine Che­mo­the­ra­pie in Kom­bi­na­ti­on mit einer Mis­tel­in­fu­si­on vor­ge­schla­gen. Frau K. ist ver­hei­ra­tet, hat drei erwach­se­ne Kin­der und ist Gross­mutter eines Buben.

Ich kom­me in Beglei­tung mei­nes Ehe­man­nes in die Tages­kli­nik. Ich bin sehr froh, dass ich in einem Ein­zel­zim­mer lie­gen kann. Das Bett ist schon vor­ge­wärmt mit einer Bett­fla­sche, und ich erhal­te einen wär­men­den Ingwertee.Ich habe etwas Angst vor der Venen­punk­ti­on sowie der anschlies­sen­den The­ra­pie. Die Pfle­ge­fach­frau legt mir einen war­men Ros­ma­rin­wi­ckel um den Unter­arm, dort, wo sie mir die Kanü­le in die Vene legen wird. Anschlies­send geht die Venen­punk­ti­on ohne Pro­ble­me. Das ist schon eine gros­se Erleich­te­rung für mich. Ich wer­de von der Pfle­gen­den noch­mals über den gesam­ten The­ra­pie­ab­lauf infor­miert und kann mei­ne Fra­gen stel­len. Ich erhal­te als ers­tes eine Infu­si­on mit Mis­tel­ex­trakt. Die Mis­tel stärkt mein Immun­sys­tem und soll die Che­mo­the­ra­pie ver­träg­li­cher machen.
Nach der Mis­tel­the­ra­pie erhal­te ich die ers­te Che­mo­the­ra­pie. Die ers­ten zehn Minu­ten bleibt die Pfle­ge­fach­frau bei mir zur Über­wa­chung. Ich erhal­te eine ent­span­nen­de rhyth­mi­sche Fuss­ein­rei­bung mit Moor-Laven­del-Öl. Ich füh­le mich sicher und kann mich recht gut ent­span­nen. Das Moor-Laven­del-Öl hat eine wär­men­de, umhül­len­de Wir­kung.
Wäh­rend des Auf­ent­halts in der Tages­kli­nik besucht mich die Onko­lo­gin in mei­nem Zim­mer. Ich erhal­te ver­schie­de­ne Reser­ve-Medi­ka­men­te und eine Not­fall­num­mer, über die ich die Ärz­tin jeder­zeit errei­chen kann. Das beru­higt mich sehr.
Ich habe die The­ra­pie gut ver­tra­gen, wer­de von mei­nem Ehe­mann abge­holt und kann nun guten Mutes nach Hau­se gehen. Ich bin froh, dass ich mich ent­schie­den habe, die The­ra­pie hier zu machen.

Infusion und Ganzkörpereinreibung zum Aufbau der Lebenskräfte

Frau T. ist 27 Jah­re alt und an Brust­krebs erkrankt. Sie hat Che­mo­the­ra­pie, Ope­ra­ti­on und Bestrah­lung hin­ter sich, ihr Zustand ist sta­bil gut, und sie fühlt sich auch recht gut, ist aber immer noch erschöpft nach all den Ein­grif­fen. Ihre Kin­der sind drei und sechs Jah­re alt.

Ich kom­me ein­mal wöchent­lich in die Tages­kli­nik für eine Infu­si­on mit anthro­po­so­phi­schen Zusät­zen, die mei­ne Lebens­kräf­te auf­bau­en sol­len, und für eine rhyth­mi­sche Ganz­kör­per­ein­rei­bung nach Wegman/Hauschka. Für mich sind die­se zwei­ein­halb Stun­den eine Insel der Ruhe und des Auf­tan­kens. Mein Wär­me­haus­halt ist seit mei­ner Erkran­kung und den The­ra­pi­en völ­lig durch­ein­an­der. Ich habe immer kalt und kom­me nur schwer in die Wär­me. Die rhyth­mi­sche Ganz­kör­per­ein­rei­bung durch­wärmt mich vom Kopf bis zu mei­nen Füs­sen. Die Pfle­gen­de trägt ein spe­zi­el­les Öl in einer rhyth­mi­schen Art auf mei­nen Kör­per auf. Sie macht das mit fei­nen Strei­chun­gen und kreis­ar­ti­gen Bewe­gun­gen, mit spe­zi­el­ler Griff­tech­nik. Es ist für mich ganz deut­lich ein Rhyth­mus spür­bar von inten­si­ve­rer Berüh­rung und ganz zar­ter Berüh­rung, fast wie ein Atmen oder ein Hin-und Her­schwin­gen eines Pendels.Diese Anwen­dung bringt mir gros­se inne­re Ruhe. Ich kann mei­ne sor­gen­vol­len Gedan­ken für Momen­te abstel­len. Danach lie­ge ich in duf­tend-war­men Tüchern und ruhe nach. Durch­wärmt und gestärkt geh ich nach Hau­se zu mei­ner klei­nen Ras­sel­ban­de.

 

 

Fach­per­son Nina Frey
Arbeits­schwer­punk­te 1990 Dipl.-Pflegefachfrau für Psych­ia­trie HF, Arbeit in den ver­schie­dens­ten Gebie­ten
der Pfle­ge (Psych­ia­trie, Gas­sen­ar­beit, Alten­pfle­ge, Spitex, Onko­lo­gie, spi­talex­ter­ne Onko­lo­gie­pfle­ge).
Seit 2006 in der Kli­nik Arle­sheim, Mit­auf­bau
der onko­lo­gi­schen Tages­kli­nik.
Aus­bil­dung klas­si­sche Mas­sa­ge & Reflex­zo­nen­the­ra­pie 1999, pal­lia­ti­ve care Lehr­gang Kan­tons­spi­tal St. Gal­len.
Seit 2002 eige­ne Pra­xistä­tig­keit in Dor­n­ach und Umge­bung.
Kon­takt nina.frey@klinik-arlesheim.ch

 

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