Der Komplementärmedizin zum Durchbruch verhelfen

Am 17. Mai 2009 stimmt das Schwei­zer Volk über den Ver­fassungsartikel „Zukunft mit Kom­ple­men­tär­me­di­zin“ ab. Noë­mi Bau­mann hat mit Stände­rat Rolf Büt­ti­ker gespro­chen, der den direk­ten Gegen­vor­schlag zur Volks­initiative „Ja zur Komplementär­medizin“ im Par­la­ment lan­ciert hat­te.

Wird die Kom­ple­men­tär­me­di­zin in die Ver­fas­sung auf­ge­nom­men?

Das hof­fe ich. Die Chan­cen ste­hen gut. Meh­re­re reprä­sen­ta­ti­ve Umfra­gen zei­gen, dass die Mehr­heit der Bevöl­ke­rung einen Ver­fas­sungs­ar­ti­kel für Kom­ple­men­tär­me­di­zin will.

Wie­so konn­te man nicht die ursprüng­li­che Volks­in­itia­ti­ve zur Abstim­mung brin­gen?

Natür­lich wäre das mög­lich gewe­sen. Es war aber geschick­ter, die Initia­ti­ve zurück­zu­zie­hen und den Gegen­vor­schlag vors Volk zu brin­gen. Zwei ähn­li­che Vor­la­gen kön­nen die Stimm­be­rech­tig­ten ver­wir­ren. Bei Unsi­cher­heit besteht die Gefahr, dass bei­de Vor­la­gen abge­lehnt wer­den. Ein wich­ti­ges Argu­ment für den Rück­zug war auch, dass Gegen­vor­schlä­ge von Volk und Stän­den eher ange­nom­men wer­den als Volks­in­itia­ti­ven.

Wes­halb haben Gegen­vor­schlä­ge bes­se­re Chan­cen?

Weil die­se aus dem Par­la­ment kom­men und von den Räten unter­stützt wer­den. Natio­nal- und Stän­de­rat ste­hen klar hin­ter dem Ver­fas­sungs­ar­ti­kel für die Kom­ple­men­tär­me­di­zin. Sage und schrei­be 78.5 Pro­zent aller Par­la­men­ta­rie­rin­nen und Par­la­men­ta­ri­er haben dem Gegen­vor­schlag zuge­stimmt. Damit erhö­hen sich die Chan­cen, dass die­ser von Volk und Stän­den ange­nom­men wird. Die Stimm­be­rech­tig­ten fol­gen in der Regel der Emp­feh­lung des Par­la­ments und/oder des Bun­des­rats. Dies lässt sich auch sta­tis­tisch bele­gen. Wäh­rend Volks­in­itia­ti­ven in nur 9.5 Pro­zent der Fäl­le durch­kom­men, sind es bei Gegen­vor­schlä­gen 37.5 Pro­zent.

Bit­te erklä­ren Sie uns, wodurch sich der Gegen­vor­schlag von der ursprüng­li­chen Initia­ti­ve unter­schei­det?

Der Unter­schied ist gering. Ersatz­los gestri­chen wur­de das Wort „umfas­send“. Kom­ple­men­tär­me­di­zin muss mit einem Ver­fas­sungs­ar­ti­kel im Gesund­heits­we­sen berück­sich­tigt wer­den, aber nicht mehr so weit­ge­hend wie mit der ursprüng­li­chen Volks­in­itia­ti­ve. Gera­de bei abs­trak­ten Ver­fas­sungs­ar­ti­keln kommt es auf die Umset­zung in den Geset­zen an. Der direk­te Gegen­vor­schlag ent­hält die glei­chen Kern­for­de­run­gen wie die Volks­in­itia­ti­ve: Wie­der­auf­nah­me von fünf Rich­tun­gen von Kom­ple­men­tär­me­di­zin-Ärz­ten in die Grund­ver­si­che­rung, natio­na­le Diplo­me für nicht­ärzt­li­che The­ra­peu­ten, Inte­gra­ti­on der ärzt­li­chen Kom­ple­men­tär­me­di­zin in Leh­re und For­schung sowie Wah­rung des bewähr­ten Heil­mit­tel­schat­zes.

Braucht es über­haupt eine Ver­fas­sungs­grund­la­ge für Kom­ple­men­tär­me­di­zin?

Ja, wir haben in den letz­ten Jah­ren schlech­te Erfah­run­gen gemacht. Ohne Ver­fas­sungs­grund­la­ge ris­kiert die Kom­ple­men­tär­me­di­zin zum Spiel­ball der Regie­rung und der Behör­den zu wer­den. Der Ver­fas­sungs­ar­ti­kel schafft die Grund­la­ge für einen gesetz­li­chen Auf­trag und ist eine Hand­lungs­an­wei­sung an das Par­la­ment. Je höher die Zustim­mung der Bevöl­ke­rung zum Ver­fas­sungs­ar­ti­kel, des­to grös­ser ist der Druck auf Natio­nal- und Stän­de­rat und die kan­to­na­len Par­la­men­te. Der heu­ti­ge Frei­raum beim Voll­zug der Geset­ze muss ein­ge­schränkt wer­den.

Wes­halb set­zen Sie sich per­sön­lich so für die Kom­ple­men­tär­me­di­zin ein?

Zuerst ein­mal habe ich sel­ber gute Erfah­run­gen mit Kom­ple­men­tär­me­di­zin gemacht. Grund­sätz­lich bin ich für die Metho­den­viel­falt. Es soll­ten alle Men­schen in der Schweiz Zugang zu einer qua­li­ta­tiv gesi­cher­ten Kom­ple­men­tär­me­di­zin haben. Weil die­se poli­tisch an den Rand gedrängt wur­de, bin ich aktiv gewor­den und setz­te mich für die Zusam­men­ar­beit von Schul- und Kom­ple­men­tär­me­di­zin ein.

Die Geg­ner haben sich bis­her kaum zu Wort gemel­det. Ist über­haupt mit Wider­stand zu rech­nen?

Geg­ner gibt es ohne Zwei­fel. Noch wis­sen wir nicht, wie aktiv sie wer­den. Poli­tisch ist es kaum oppor­tun, gegen die Vor­la­ge zu sein. Die Stil­le der Geg­ner kann aber trü­ge­risch sein. Ich erin­ne­re mich an die Ver­fas­sungs­ab­stim­mung zur neu­en Bun­des­ver­fas­sung, als die Geg­ner erst in den letz­ten Tagen auf­ge­taucht sind und die Vor­la­ge noch fast gekippt hät­ten. Gewon­nen ist die Kom­ple­men­tär­me­di­zin-Abstim­mung noch nicht. Es braucht jede Stim­me. Ich bit­te Sie des­halb: Gehen Sie an die Urne und stim­men Sie Ja für eine Zukunft mit Kom­ple­men­tär­me­di­zin!

Autoren80

Fach­per­son Rolf Büt­ti­ker
Arbeits­schwer­punk­te • dipl. Natur­wis­sen­schaf­ter
• Inha­ber der „Wirt­schafts­för­de­rung Büt­ti­ker“
• 1977–2001 Gemein­de­rat Wolf­wil
• 1985–2001 Gemein­de­prä­si­dent Wolf­wil
• 1981–1987 Ver­fas­sungs­rat Kan­ton Solo­thurn
• Natio­nal­rat 1987–1991
• 1990–1999 Prä­si­dent FDP Kan­ton Solo­thurn
• Stän­de­rat seit 1991
• Stän­de­rats­prä­si­dent 2005/2006
• Aktu­el­le Par­la­ments­man­da­te:
Kom­mis­si­on für Umwelt, Raum­pla­nung und
Ener­gie (UREK), Kom­mis­si­on für Ver­kehr und
Fern­mel­de­we­sen (KVF), Staats­po­li­ti­sche
Kom­mis­si­on (SPK) und Neat-Auf­sich­t­-
dele­ga­ti­on (Vize­prä­si­dent)
Kon­takt www.rolfbuettiker.ch

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