
Der Frühling naht, es beginnt zu grünen und zu blühen. Viele Menschen freuen sich auf die zunehmende Wärme der Sonne und das Erwachen der Natur aus dem Winterschlaf. Aber es gibt auch immer mehr Menschen, die dem Frühling mit Sorgen und Verzweiflung entgegensehen. Das sind die Menschen, die unter einem Heuschnupfen leiden – einer Form der Allergie.
Verena Jäschke befragte Frau Dr. med. Mona Hasna, Fachärztin für Allgemeinmedizin an der
Ita Wegman Klinik, zu ihren Erfahrungen mit Allergien, zu Therapiemöglichkeiten und Empfehlungen für die an Allergien leidenden Patientinnen und Patienten.
Was fällt Ihnen spontan ein zum Thema Allergie?
Mir fällt auf, dass immer mehr Menschen mit allergischen Symptomen in meine Sprechstunde kommen – vor allem auch Menschen, in deren „Vorgeschichte“ keinerlei Allergien auftraten, auch nicht in deren Familien. Zunehmend habe ich mit Allergie-Patienten aller Altersgruppen zu tun. Das geht bis ins hohe Alter hinein. So kam unlängst eine Frau zu mir, die mit 82 Jahren erstmals unter allergischen Beschwerden litt.
Auffällig ist auch, dass im Hinblick auf die Diagnose Heuschnupfen die Patienten deutlich früher im Jahr wegen ihrer Beschwerden in die Praxis kommen. Wenn vor Jahren die Nase im März oder Februar „tropfte“, kommen Betroffene nun zum Teil bereits im Dezember.
Leider kommt es immer häufiger vor, dass Patienten, die bisher „nur“ wegen ihres Heuschnupfens in die Sprechstunde kamen, nun plötzlich von einer Saison zur anderen Husten bis hin zur Atemnot beklagen. Man spricht hierbei von einem „Etagenwechsel“, d. h. die saisonale allergische Rhinokonjunktivitis – der Heuschnupfen, der Augen und Nase betrifft – verschiebt sich in die unteren Atemwege: zum saisonal allergischen Asthma bronchiale.
Man liest und hört immer häufiger von Allergien und damit verbundenen Problemen. Offenbar ist das eine Krankheit, deren „Verbreitung“ ständig zunimmt.
Kann ich mich davor in irgendeiner Weise schützen?
Die Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Sie wird auch sehr kontrovers diskutiert.
Eine sicherlich sinnvolle Empfehlung ist die, den Säugling möglichst lange zu stillen und in den ersten drei Lebensjahren Nahrungsmittel mit hohem Allergenpotential zu vermeiden – besonders in Allergikerfamilien. Von extremen Nahrungseinschränkungen halte ich persönlich nicht so viel, von den wirklich indizierten Ausnahmefällen abgesehen. Ich empfehle lieber eine gesunde ausgewogene Ernährung, viel Bewegung – zum Beispiel ausgedehnte Spaziergänge, moderater Ausdauersport – ausreichend Schlaf, bewusste Pausenzeiten für die Sinne; einen ausgeglichenen und vor allem freudvollen Lebensrhythmus.
Gegen die Ausbildung von Pollenallergien (die Ursache für den klassischen Heuschnupfen) ist mir konkret leider kein nachgewiesener Schutz bekannt.
Lassen Sie uns auf das Thema Heuschnupfen näher eingehen. Welche Möglichkeiten haben Sie, einen Heuschnupfen zu diagnostizieren?
Den wichtigsten Hinweis gibt zunächst der Patient, indem er seine Beschwerden beschreibt. Das sich ergebende klinische Bild reicht für die Diagnose Heuschnupfen meist aus.
Will man aber genauer wissen, auf welche Allergene der Patient reagiert, gibt es verschiedene Testverfahren (Prick-Test an der Haut, Blutuntersuchung). Bestimmte Therapieoptionen sind von den Testergebnissen abhängig, vor allem der Versuch einer Hyposensibilisierung – eine spezifische Immuntherapie über durchschnittlich drei Jahre.
Was empfehlen Sie Ihren Heuschnupfen-Patienten?
Notwendig ist die Reduktion des Pollengehaltes der Luft in den Wohn- und insbesondere den Schlafräumen. Dafür wesentlich halte ich das Haarewaschen am Abend, das Umkleiden zum Beispiel im Badezimmer, damit möglichst wenige Pollen, die auf Kleidung und Haar abgelagert sind, in den Schlafraum gelangen. Die Fenster und Türen geschlossen halten, evtl. zusätzlich abdichten, Pollenfilter einbauen (im Auto, Staubsauger). Das mag recht banal klingen. Aber es gilt die Devise: je weniger auslösende Stoffe, desto geringer die Reaktion. Oft hilft auch eine Nasenspülung: erstens im Sinne einer mechanischen Auswaschung der Pollen aus der Nase. Zweitens erreicht man – so mit Salzlösung gespült wird – eine Kräftigung der Nasenschleimhaut.
Sollte der Allergietest ergeben, dass sich ganz bestimmte Pollen als allergieauslösend bestimmen lassen, so halte ich eine Hyposensibilisierung für empfehlenswert. Ist die
Erkrankung schon weit fortgeschritten, gibt es viele verschiedene Allergene oder besteht bereits ein Asthma bronchiale, sinkt die Erfolgsrate der Hyposensibilisierung leider deutlich.
Für eine Stärkung des Immunsystems empfehle ich zudem aus der Naturheilkunde bekannte Therapien.
Gibt es spezielle anthroposophische Therapieansätze, besondere Medikamente?
Bei meinen Patienten habe ich gute Erfahrungen gesammelt mit „Gencydo“, einem Präparat aus Zitrone und Quitte. Dies verordne ich einerseits als Prophylaxe: Einige Monate vor der zu erwartenden Heuschnupfenzeit beginnt eine Spritzenkur, wobei die Abstände zum Ende hin immer kleiner werden – bis zur Dauermedikation während der Heuschnupfenzeit. Manchmal ist eher eine Inhalation von Gencydo mittels Inhalationsgerät anstelle der subkutanen Injektion (Spritzen unter die Haut) angezeigt.
Zudem gibt es eine ganze Reihe weiterer anthroposophischer Heilmittel auf der Basis von Mineralien, Metallen und Pflanzen.
Neben der medikamentösen Behandlung ist meist auch eine künstlerische Therapie angezeigt. Je nachdem, was es beim Patienten zu harmonisieren, ins Gleichgewicht zu bringen gilt, verordne ich Heileurythmie oder Musiktherapie, Sprachtherapie, Malen oder Plastizieren. Ich schaue mit dem Patienten darauf, was er zum jetzigen Zeitpunkt braucht, was ihm jetzt die grösstmögliche Unterstützung gibt, um sein Gleichgewicht zwischen innen und aussen zu finden. Vorbereitend kann das auch eine Rhythmische Einreibung sein, eine Massage oder eine Äussere Anwendung wie Wickel und Auflagen.
Gibt es eine „Soforthilfe“, wenn ein Allergiegeplagter im Frühjahr kaum noch aus den Augen schauen kann vor lauter Tränen und Jucken…?
Zunächst gebe ich dem Patienten Gencydo – nun als Akutmedikation, oft mehrmals täglich: subkutane Injektionen, Augentropfen, Nasenspray, Inhalationen oder aber Präparate aus unserem eigenen Heilmittellabor. Zeigt das nicht den gewünschten Erfolg, und der Patient leidet zu sehr unter seinen Beschwerden, verordne ich meinen Patienten im weiteren auch die gängigen Antihistaminika und
Kortikoide.
Kann man von einer Allergie wieder geheilt werden?
Ich habe es einige Male beobachten dürfen, dass nach einer hochfiebrigen entzündlichen Erkrankung der Atemwege in der darauffolgenden Saison deutlich weniger bis gar keine Beschwerden auftraten.
Bei einer erfolgreich durchgeführten Hyposensibilisierung kann man im herkömmlichen Sinne von einer Heilung sprechen: Der Patient reagiert nicht mehr auf die bisherigen auslösenden Stoffe, da das Immunsystem daran gewöhnt wurde, die Allergene zu tolerieren.
Für mich steht in der Therapie zunächst im Vordergrund, die Beschwerden des Patienten deutlich zu lindern. Dann ist mir ein grosses Anliegen, den anfänglich beschriebenen „Etagenwechsel“ zu verhindern und darauf zu achten, dass sich das Spektrum der auslösenden Faktoren nicht erweitert (Reaktion auf Pollen weiterer Bäume, zusätzliche Nahrungsmittelallergien, Kreuzallergien usw.)
Auf lange Sicht will ich dem Menschen helfen, in sich die Möglichkeiten zu finden und zu entwickeln, mit Fremdeinflüssen so umzugehen, dass sie ihm nicht schaden. Dass er in diesem Prozess irgendwann seine allergische Disposition überwinden kann – ist wünschenswert.
Vielen Dank für das Gespräch!
Fachperson | Dr. med. Mona Hasna |
Arbeitsschwerpunkte | Fachärztin für Allgemein-medizin und Naturheil- verfahren Im Rahmen der Facharzt-ausbildung mehrjährige Tätigkeit in der Rettungs-stelle Unfallchirurgie Berlin, Innere Medizin und Anthroposophische Medizin, Ita Wegman Klinik sowie Klinik Öschelbronn (D). Praxis für Innere Medizin und Allgemeinmedizin in Pforzheim. Seit März 2004 als Ärztin für Allgemeinmedizin im Ambulatorium der Ita Wegman Klinik tätig. |
Kontakt | 061 705 72 71 |
Fachperson | Verena Jäschke |
Arbeitsschwerpunkte | Lehrerausbildung Deutsch, Mathematik, Musik. Seit 1996 für die Ita Wegman Klinik tätig, Lektorat, Sekretariat der Klinikleitung, PR-Assistentin; seit 2003 Beauftragte für Kommunikation, dabei zuständig u. a. für Medienarbeit, Marketing, Redaktion Quinte und Mitarbeiterzeitung. |
Kontakt | 061 705 72 14 verena.jaeschke @wegmanklinik.ch |