
Wir alle verlassen uns auf das Aufgehen der Sonne, auf die Nacht, die hereinbricht. Wir leben mit den Jahreszeiten, sind eingebunden in die grossen „Rhythmen“, die mit unserem eigenen Rhythmus korrespondieren. Unser Herz schlägt, unsere Atmung geschieht, unser Stoffwechsel funktioniert. Alles hat seinen eigenen Rhythmus, eine eigene Melodie – „Rhythmus trägt Leben.“ Wenn wir aber aus unterschiedlichsten Gründen aus unserem Rhythmus fallen, entsteht eine Disharmonie, und wir werden krank.
Rhythmus ist das ordnende Prinzip in unserem Leben, ein Wiederholen in Regelmässigkeit, ein Wiederholen zu Neuem hin. Es ist nicht der starre, immer gleiche Takt, sondern der sich bewegende Rhythmus, bewegend wie die Wellen des Meeres. Es geht stets um einen Ausgleich zwischen zwei Polen. Eine Störung im Rhythmischen ist also die Folge einer Unausgeglichenheit der beiden Pole. Ideal wäre ein atmender Wechsel, zwischen Wachen und Schlafen, zwischen Erinnern und Vergessen, Anspannen und Entspannen, Aufnehmen und Abgeben, um nur einige zu nennen.
Mit den Rhythmischen Einreibungen bietet sich die Möglichkeit, dass wir uns trotz Krise, Schmerz, Unwohlsein, trotz Disharmonie in unserem Rhythmus als Einheit wahrnehmen. Zugleich wird das ordnende Prinzip in uns angeregt. Rhythmische Einreibungen und Wickel und Kompressen gehören zur ganzheitlichen Versorgung von onkologischen Patienten in unserer Tagesklinik. Die gesunden Kräfte werden unterstützt und angeregt.
Die Rhythmische Einreibung wird ohne Druck ins Gewebe mit einer strömenden, streichenden, saugenden Griffqualität auf dem Körper des Patienten ausgeführt. Es ist ein Eintauchen, ein Lösen, ein Impulsieren, um die Selbstheilungskräfte zu unterstützen. Der Organismus wird angeregt, wieder in seinen Rhythmus zu finden. Die Einreibungen unterstützen und vertiefen die Atmung, sie regen die Ausscheidung an, beruhigen und entspannen bei Unruhe und Angst, unterstützen den Wärmeorganismus und können zur Schmerzbehandlung eingesetzt werden. Aufgetragen und eingerieben werden spezielle Substanzen. Öle, Emulsionen, Salben, die abgestimmt auf den Einzelnen die Heilung unterstützen. Hier einige Beispiele: Rosmarinöl wirkt kräftigend, inkarnierend und wärmend.
Schlehenblütenöl regt die Lebenskräfte an, zum Beispiel während einer Chemotherapie oder während der Bestrahlung. Die Schlehe ist das Heilmittel bei erschöpften Ätherkräften. Solum Uligonosum Öl, Moorlavendelöl, setzt sich zusammen aus Lavendel, Schachtelhalm, Kastanie und Moorextrakt. Es wird eingesetzt bei Muskelverspannungen, es wirkt hüllebildend durch das Moorextrakt und regt den Wärmeorganismus an, was bei allen onkologischen Erkrankungen sehr wichtig ist.
Nach der Einreibung sollte eine Nachruhezeit von 15 – 20 Minuten eingehalten werden. Dabei gilt für uns Pflegende immer, dass wir nicht berühren können, ohne berührt zu werden.
Bei Wickeln und Kompressen wird ein Tuch mit einer Salbe oder einem Kataplasma bestrichen, in einem Sud oder einer Essenz getränkt. Der Wickel wird zirkulär um einen Körperteil herum angelegt, die Kompresse wird als Auflage auf eine Körperstelle gelegt. Wickel und Kompressen eignen sich gut, um den Organismus auf sanfte Weise bei seiner Gesundung zu unterstützen. Durch die Wärme bei einer temperierten bzw. warmen Anwendung und durch die Substanz werden die Muskeln bis in tiefe Schichten entspannt, Schmerzen werden gelindert, der Stoffwechsel und die Durchblutung werden angeregt. Kühle Wickel vermindern kurzfristig die Blutzufuhr, wirken entzündungshemmend und abschwellend.
Beispiele sind die Schafgarbe-Leberkompresse bei Erschöpfung, zur Anregung des Stoffwechsels, zur Entgiftung, die Arnika-Stirnkompresse bei Kopfschmerzen, der Borrago-Beinwickel bei gestauten Beinen. Eine Ingwer-Nieren-Kompresse regt den Wärmeorganismus an und hat eine inkarnierende Wirkung. Die Oxalis-Salben-Auflage auf das Sonnengeflecht ist hilfreich bei erschöpften, angespannten Patienten und sehr gut bei Schock. Die Gold-Lavendel-Salben-Auflage auf die Herzgegend ist bei Angst, Unruhe, auch als Einschlafhilfe hilfreich. Eine Solum-Öl-Auflage auf die schmerzende Muskelgruppe, zum Beispiel auf die Schulter, hilft bei Schmerzen.
Auch hier ist der ganzheitliche Aspekt wichtig. Das heisst nicht nur eine Muskelgruppe oder ein Organ wird behandelt, das Anlegen eines Wickels ist eine konzentrierte, umfassende Form der Zuwendung. In wohlige Wärme gebettet, umhüllt von weichen Tüchern, im Vertrauen, dass eine heilende Substanz im Moment und in der Nachruhe ihre Wirkung tut.
Nina Frey, Pflegefachfrau HF