Am Anfang steht die Idee

Das Sor­ti­ment der Ita Weg­man Apo­the­ke umfasst eine gros­se Aus­wahl an Pro­duk­ten aus dem kli­nik­ei­ge­nen Heil­mit­tel­la­bor. Esther Gru­ber, die Lei­te­rin des Labors, beschreibt anhand der neu­en Anthyl­lis-Lotion den Weg von der Idee bis zum Pro­dukt in der Apo­the­ke.

Die Pfle­gen­den unse­rer Kli­nik haben mich oft gefragt, ob es nicht ein Pfle­ge­mit­tel aus unse­rer Pro­duk­ti­on gibt, das sie stan­dard­mäs­sig zur Pfle­ge der Haut ihrer Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten ein­set­zen kön­nen. Vor­han­de­ne Pro­duk­te haben oft che­mi­sche Kon­ser­vie­rungs­stof­fe und Erd­öl­de­ri­va­te, auf die wir in unse­rer Her­stel­lung kon­se­quent ver­zich­ten. Clif­ford Kunz, ein Arzt aus unse­rer Kli­nik, brach­te von einem Auf­ent­halt in den Ber­gen einen Ölaus­zug der Anthyl­lis (Wund­klee) mit und damit die Idee, die­se Heil­pflan­ze als Basis für eine neue Pfle­ge­lo­tion zu nut­zen. Das Bedürf­nis unse­rer Pfle­gen­den und die Idee des Arz­tes tra­fen zusam­men, und für uns im Heil­mit­tel­la­bor ent­stand eine neue Auf­ga­be.

Eigenschaften vorab festlegen

Bevor wir den eigent­li­chen Ent­wurfs­pro­zess für ein neu­es Pro­dukt begin­nen, legen wir fest, wel­che Eigen­schaf­ten das künf­ti­ge Pro­dukt tra­gen und wie es ver­wen­det wer­den soll: leicht oder stark fet­tend? Punk­tu­ell oder gross­flä­chig anzu­wen­den? Um die­se Fra­gen zu beant­wor­ten, ori­en­tie­ren wir uns an den Bedürf­nis­sen der Pfle­gen­den. Aus­ser­dem beweg­te uns die Fra­ge, ob sich das Prä­pa­rat brei­ter anwen­den lässt, das heisst auch aus­ser­halb der Spi­tal­pfle­ge – zum Bei­spiel für die Pfle­ge sehr tro­cke­ner, sprö­der Haut. Für uns kris­tal­li­sie­ren sich rasch die ver­schie­de­nen Anfor­de­run­gen: unser neu­es Pro­dukt ist gross­flä­chig auf­zu­tra­gen und lipidhal­tig, also stark fet­tend. Es soll die Haut geschmei­dig machen. Das zu ent­wi­ckeln­de Pro­dukt soll trotz sei­ner stark fet­ten­den Eigen­schaft leicht ein­zie­hen. Es soll aus­ser­dem gut aus­se­hen, ange­nehm rie­chen und sich gut anfüh­len.

Der Prozess wird konkret

Sobald wir die Eigen­schaf­ten unse­res neu­en Pro­dukts fixiert haben, legen wir die Arz­nei­form fest. Die­se ist ent­schei­dend für den Wir­kungs­grad und Wir­kungs­ort einer medi­zi­ni­schen Sub­stanz. Wir ent­schei­den uns für eine Lotion, weil sich die­se gross­flä­chig auf­tra­gen lässt. Sie zieht bes­ser ein als ein Öl und ist leich­ter als eine Sal­be. Aus­ser­dem legen wir die Kon­zen­tra­ti­on des Wirk­stoffs fest. Für uns steht fest, dass wir mit dem Anthyl­lis­öl arbei­ten, also einem Ölaus­zug aus den frisch geern­te­ten Anthyl­lis­blü­ten. Den Ölaus­zug stel­len wir nach einer seit Jahr­zehn­ten bewähr­ten Metho­de her.

Nun begin­nen unse­re Ver­suchs­rei­hen. Wir suchen das opti­ma­le Zusam­men­spiel zwi­schen dem Pflan­zen­wirk­stoff, den Hilfs­stof­fen und der Ver­ar­bei­tungs­me­tho­de. So sind die nächs­ten Fra­gen: Wel­che Hilfs­stof­fe unter­stüt­zen Anthyl­lis in sei­ner Wir­kung und wel­che Ver­ar­bei­tungs­me­tho­de führt zu der Lotions­qua­li­tät, die wir errei­chen wol­len? Die Lotion muss mikro­bio­lo­gisch sta­bil blei­ben, ohne dass wir che­mi­sche Kon­ser­vie­rungs­mit­tel ver­wen­den. Auch darf die Lotion ihre Kon­sis­tenz nicht ver­lie­ren. Zudem haben wir die Fra­ge zu klä­ren, wie sich die Lotion best­mög­lich dosie­ren lässt, denn das wirkt sich unmit­tel­bar auf die Art der Ver­pa­ckung aus.

Hilfsstoffe und Methoden optimal wählen

Die Hilfs­stof­fe ent­schei­den, ob eine Sub­stanz ihre Wir­kung am rich­ti­gen Ort und mit der gewünsch­ten Inten­si­tät ent­fal­ten kann. Öle, Fet­te oder Wach­se sind not­wen­dig, um über­haupt eine Lotion her­stel­len zu kön­nen.

Kakao­öl und Man­go­but­ter machen die Haut sehr elas­tisch. Kakao­öl bewährt sich in der Pfle­ge stark stra­pa­zier­ter und sprö­der Haut, beru­higt sie und för­dert die Rege­ne­ra­ti­on. Man­go­but­ter, aus dem Frucht­kern der wil­den afri­ka­ni­schen Man­go gewon­nen, macht die Haut weich und geschmei­dig. Man­del- und Jojoba­öl sind ide­al für die Pfle­ge emp­find­li­cher, tro­cke­ner Haut. Sie wir­ken dem Was­ser­ver­lust der Haut ent­ge­gen und brin­gen sie ins Gleich­ge­wicht. Das Quell­was­ser, das wir für unse­re Pro­duk­ti­on ver­wen­den, stammt aus dem Schwarz­wald. Es ent­hält kaum Kalk, und der Urge­stein­bo­den des Schwarz­walds ver­leiht ihm einen beson­de­ren Cha­rak­ter.

Für die Ver­ar­bei­tungs­me­tho­de sind ver­schie­de­ne Fak­to­ren ent­schei­dend: die Rei­hen­fol­ge der ver­wen­de­ten Inhalts­stof­fe, die Tem­pe­ra­tur bei der Her­stel­lung und die Art, wie die ver­schie­de­nen Kom­po­nen­ten gemischt wer­den. Dar­aus erge­ben sich zum Teil gros­se Unter­schie­de im Ergeb­nis. Des­halb sind vie­le Ver­suchs­rei­hen not­wen­dig, bis wir von unse­rer Lotion über­zeugt sind.

Qualität ist wichtigstes Kriterium

Jeder Ver­such muss aus­ge­wer­tet wer­den. Ent­spricht die Lotion in Bezug auf Aus­se­hen und Wir­kung unse­ren Erwar­tun­gen? Stimmt die Kon­sis­tenz? Dann kom­men die lang­wie­rigs­ten Prü­fun­gen. In Zusam­men­ar­beit mit unse­rer Qua­li­täts­kon­trol­le im Labor wird geprüft, ob das Pro­dukt den mikro­bio­lo­gi­schen Anfor­de­run­gen genügt und ob die Arz­nei­form sta­bil bleibt.

Mit jeder Ver­suchs­rei­he wird der Weg deut­li­cher, der zu unse­rem Ziel führt. Wenn die Lotion einen bestimm­ten Qua­li­täts­grad erreicht hat, gehen wir an die Detail­ar­beit. Jetzt las­sen sich noch Fein­hei­ten ver­bes­sern wie der Duft des Pro­dukts, die Kon­sis­tenz, die Far­be. Dafür tes­ten die Mit­ar­bei­ten­den des Heil­mit­tel­la­bors das ent­ste­hen­de Pro­dukt immer wie­der an sich selbst. So mer­ken wir schnell, ob die Kon­sis­tenz stimmt, ob die Lotion noch einen Fett­film hin­ter­lässt, ob sie zu stark oder zu schwach duf­tet.

Die Anthyllis-Lotion überzeugt

Wir ver­wen­den wert­vol­le Roh­stof­fe, die die Haut ver­wöh­nen. Der Duft unse­rer neu­en Lotion ent­hält einen Hauch von Laven­del­öl. Schon bald zei­gen unse­re Ver­su­che ein Ergeb­nis, das unse­ren Vor­stel­lun­gen ent­spricht. Par­al­lel zu den inhalt­li­chen Ver­su­chen über­le­gen wir, wie wir die neue Anthyl­lis-Lotion ver­pa­cken wol­len und wie das Eti­kett aus­se­hen soll. Wir haben uns schon vor Jah­ren aus öko­lo­gi­schen Grün­den ent­schlos­sen, auf zusätz­li­che Kar­ton­ver­pa­ckun­gen und Bei­pack­zet­tel zu ver­zich­ten. Wir ent­schei­den uns für eine Fla­sche mit Dosier­spen­der. Zudem ent­wi­ckeln wir ein pas­sen­des Eti­kett für die Fla­sche. Schliess­lich wol­len wir gern auf unser neu­es Pro­dukt auf­merk­sam machen.

Die viel­fäl­ti­gen Ver­suchs­rei­hen haben uns ans Ziel geführt, nun kön­nen wir die neue Anthyl­lis-Lotion in die Apo­the­ke zum Ver­kauf geben.

Der Prozess der Arzneimittelherstellung:
Die Galenik

Clau­dio Gale­no war ein grie­chisch-römi­scher Arzt aus dem zwei­ten Jahr­hun­dert nach Chris­tus. Er hat erkannt, dass die Wirk­sub­stan­zen erst dann ihre Wir­kung im Orga­nis­mus voll ent­fal­ten kön­nen, wenn sie mit Hilfs­stof­fen in einer beson­de­ren Art und Wei­se ver­ar­bei­tet wer­den. Nach ihm wur­de die Leh­re über die Zube­rei­tung und Her­stel­lung von Arz­nei­mit­teln Gale­nik genannt. Sie ist ein sehr wich­ti­ges Gebiet der Phar­ma­zie. Um ein neu­es Medi­ka­ment zu ent­wi­ckeln, muss man ihre Kennt­nis­se und Regeln beach­ten. Sie befasst sich mit der Fra­ge nach der opti­ma­len Form für eine bestimm­te Wirk­sub­stanz. Was ist sinn­vol­ler: eine Lösung zum Ein­neh­men, eine Ampul­le oder ein Zäpf­chen? Die Ant­wort dar­auf prägt die wich­tigs­ten Eigen­schaf­ten eines Medi­ka­ments: die Dosis, sei­nen Weg im Orga­nis­mus, sei­ne Ver­träg­lich­keit, Halt­bar­keit, Lage­rung, mikro­bi­el­le Rein­heit und Ver­pa­ckung.
Autoren7

Fach­per­son Esther Gru­ber
Arbeits­schwer­punk­te Apo­the­ke­rin, Stu­di­um der Phar­ma­zie in Madrid,
eini­ge Jah­re in der For­schung an der Uni­ver­si­tät Wien tätig, seit 1993 an der Ita Weg­man Kli­nik,
Lei­te­rin des Heil­mit­tel­la­bors
Kon­takt esther.gruber@wegmanklinik.ch

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