24 Stunden einsatzbereit — Die Notfallstation der Ita Wegman Klinik

Ein Team von je acht Pfle­ge­fach­per­so­nen und ­Assis­tenz­ärz­ten sowie fünf Fach­ärz­ten gewähr­leis­tet rund um die Uhr die ­Ein­satz­be­reit­schaft auf der Not­fall­sta­ti­on. Sta­ti­ons­lei­ter Andre­as Greull hat eine Novem­ber­nacht auf der Notfall­station nach­ge­zeich­net.

Heinz Zul­li­ger (Name von der Redak­ti­on geän­dert) aus Dor­n­ach wählt kurz vor neun die Not­fall­num­mer der Ita Weg­man Kli­nik, 061 705 77 77. ­Eve­li­ne Lüt­hy, Pfle­ge­fach­frau auf der Not­fall­sta­ti­on, nimmt den Anruf ent­ge­gen. Herr Zul­li­ger berich­tet besorgt, dass sei­ne Frau zu wenig Luft bekom­me und sich zuneh­mend schwach füh­le. Auf Nach­fra­ge bestä­tigt er, dass sie regel­mäs­sig Was­ser- und Herz­ta­blet­ten ein­neh­me und aktu­ell geschwol­le­ne Bei­ne habe. Auf­grund ihrer Erst­ein­schät­zung schlägt Eve­li­ne Lüt­hy vor, Frau Zul­li­ger mit dem ­Ret­tungs­wa­gen in die Kli­nik brin­gen zu las­sen. Damit ist Herr Zul­li­ger ein­ver­stan­den. Sie notiert sich die Adres­se und bie­tet über eine zwei­te Tele­fon­li­nie den Ret­tungs­dienst auf. Dann bestä­tigt sie Herrn Zul­li­ger, dass Hil­fe unter­wegs sei und lei­tet ihn an, den Ober­kör­per sei­ner Frau hoch zu lagern und die Medi­ka­men­ten­kar­te mit­zu­brin­gen.

Wenn der Bauch krampft
Enri­co Ragusa (Name von der Redak­ti­on geän­dert) aus Aesch lei­det seit bald zwei Tagen unter Bauch­krämp­fen, wes­halb er am nächs­ten Mor­gen sei­nen Haus­arzt auf­su­chen will. Heu­te Abend neh­men die ­Krämp­fe zu, er hält es kaum noch aus und kann auch nichts mehr zu sich neh­men. Er bit­tet einen Kol­le­gen, ihn in die Ita Weg­man Kli­nik zu fah­ren und mel­det sich kurz nach neun auf der Not­fall­sta­ti­on. Eve­li­ne Lüt­hy begrüsst ihn und fragt gezielt nach sei­nem Befin­den und sei­nen Beschwer­den, um die Dring­lich­keit der Situa­ti­on ein­schät­zen zu kön­nen. Sie lässt ihn sich auf ein Bett legen und schliesst den Über­wa­chungs­mo­ni­tor an. Wäh­rend der Blut­druck gemes­sen wird, infor­miert sie den dienst­ha­ben­den Assis­tenzarzt Dr. Frank Wäch­ter. Dann legt sie Herrn Ragusa eine Infu­si­on und nimmt ihm Blut zur Labor­un­ter­su­chung ab. Frank Wäch­ter befragt Herrn Ragusa und unter­sucht des­sen Bauch durch Abtas­ten, Abhö­ren und mit­tels Ultra­schall­ge­rät. Er ver­ord­net zwei krampf­lö­sen­de Arz­nei­mit­tel, ein anthro­po­so­phi­sches und ein schul­me­di­zi­ni­sches, sowie einen feucht-heis­sen Kamil­le-Bauch­wi­ckel. Eve­li­ne Lüt­hy ver­ab­reicht die Arz­nei­mit­tel, eines direkt über den Infu­si­ons­zu­gang in die Vene, das ande­re inji­ziert sie sub­cu­tan in den Bauch.

Not­fäl­le erfor­dern Zusam­men­ar­beit
Inzwi­schen trifft das Ret­tungs­team mit Frau Zul­li­ger auf der Tra­ge ein. Ihr Gat­te beglei­tet sie. Die Rettungs­sanitäterin und ihr Kol­le­ge haben die Pati­en­tin bereits mit Sauer­stoff und einer Infu­si­on ver­sorgt und ihren Kreis­lauf mit dem Moni­tor über­wacht. Frau Zul­li­ger wird nun von der Tra­ge auf das Bett geho­ben. Moni­tor­ka­bel, Sauer­stoff- und Infu­si­ons­schläu­che wer­den umge­hängt. Die Ret­tungs­sa­ni­tä­te­rin rap­por­tiert ihre Beob­ach­tun­gen und die getrof­fe­nen Mass­nah­men an das Not­fall­team der Kli­nik und ver­ab­schie­det sich. Eve­li­ne Lüt­hy küm­mert sich nun um Zul­lig­ers und bie­tet zur Unter­stüt­zung ihren Berufs­kol­le­gen Bene­dict Dack­wei­ler auf, der heu­te Abend auf der benach­bar­ten kar­dio­lo­gi­schen Sta­ti­on arbei­tet und als Sprin­ger der Not­fall­sta­ti­on zur Ver­fü­gung steht. ­Wäh­rend sie ein EKG schreibt, nimmt ihr Kol­le­ge Blut ab, ehe
Dr. Wäch­ter mit der Unter­su­chung der Pati­en­tin beginnt. Unter der Sauer­stoff­ga­be hat sich die Atmung von Frau Zul­li­ger bereits etwas ver­bes­sert, was bei ihr und ihrem Mann eine gewis­se Ent­span­nung erken­nen lässt.

Der Fach­arzt ent­schei­det den wei­te­ren Ver­lauf
Zur wei­te­ren Beur­tei­lung und Behand­lung der bei­den Not­fall­pa­ti­en­ten bie­tet Dr. Wäch­ter wie gewohnt den dienst­ha­ben­den Fach­arzt, Dr. Chris­toph Kauf­mann, auf wel­cher Minu­ten spä­ter ein­trifft und durch Dr. Wäch­ter ori­en­tiert wird. Die Ärz­te infor­mie­ren das Ehe­paar, dass sich die bei Frau Zul­li­ger schon län­ger bekann­te Herzinsuffi­zienz aktu­ell durch Was­ser auf der Lun­ge und in den Bei­nen zeigt. Sie ver­ord­nen ein star­kes aus­schwem­men­des Medi­ka­ment direkt über den Infu­si­ons­zu­gang in die Vene sowie herz­un­ter­stüt­zen­de Medi­ka­men­te der Anthro­po­so­phi­schen Medi­zin. Da die aus­schwem­men­de The­ra­pie zu einer ­mas­si­ven Urin­aus­schei­dung füh­ren wird und sich Frau Zul­li­ger in ihrem Zustand nicht anstren­gen soll, legen ihr die bei­den Pfle­ge­fach­leu­te nun einen Bla­sen­ka­the­ter. Die Pati­en­tin wird regel­mäs­sig über­wacht. Herr Zul­li­ger sitzt neben sei­ner Frau am Bett und erhält von Bene­dict Dack­wei­ler einen Tee.

Schicht­wech­sel zur Nacht
Gegen halb elf über­nimmt Pfle­ge­fach­frau Sieg­lin­de Adam die Ver­ant­wor­tung für die Not­fall­sta­ti­on und die benach­bar­te Kar­dio­lo­gie. Dr. Kauf­mann und Dr. Wäch­ter visi­tie­ren nun Herrn Ragusa, dem es nach der Medikamenten­gabe bereits deut­lich bes­ser geht. Sie kön­nen ihn auf­grund der Labor­re­sul­ta­te beru­hi­gen: Er hat eine aku­te Magen-Darm-Grip­pe, die zwar unan­ge­nehm ist, aber in der Regel rasch kuriert ist. Sie ver­ord­nen je ein magen­schüt­zen­des und darm­be­ru­hi­gen­des Arz­nei­mit­tel. Zur Sicher­heit soll der Pati­ent über Nacht hier­blei­ben. Sieg­lin­de Adam legt ihm den ver­ord­ne­ten Kamil­le-Bauch­wi­ckel an, in wel­chem er gut zuge­deckt eine hal­be Stun­de lie­gen bleibt. Bereits wäh­rend des Wickels schläft Herr Ragusa ein. Die rest­li­che Nacht ver­bringt er bis auf zwei kur­ze Unter­brü­che schla­fend. Er kann am Mor­gen die Kli­nik wie­der ver­las­sen, soll jedoch zur Erho­lung zwei bis drei Tage zu Hau­se blei­ben.

Mit­ter­nacht mit den Zul­lig­ers
Frau Zul­li­ger hat schon über einen Liter Urin aus­ge­schie­den. Das wirkt bereits deut­lich ent­las­tend auf die Lun­ge. Sie fühlt sich bes­ser und möch­te nun schla­fen. Sieg­lin­de Adam bestellt ein Taxi, das Herrn Zul­li­ger nach Hau­se fährt. Die Pfle­ge­fach­frau über­wacht noch­mals den Blut­druck der Pati­en­tin und legt ihr einen Gold-Laven­del-Sal­ben­lap­pen aufs Herz. Eine hal­be Stun­de spä­ter schläft Frau Zul­li­ger.
Sieg­lin­de Adam schaut jede Stun­de nach den bei­den Pati­en­ten auf der Not­fall­sta­ti­on. In der Zwi­schen­zeit küm­mert sie sich um die Pati­en­ten auf der kar­dio­lo­gi­schen Sta­ti­on, räumt und füllt Mate­ri­al auf, über­prüft die tech­ni­schen Gerä­te und erle­digt admi­nis­tra­ti­ve Auf­ga­ben. Um sie­ben Uhr mor­gens wird sie von der Früh­schicht abge­löst.
Frau Zul­li­ger wird am Nach­mit­tag in sta­bi­lem Zustand auf die kar­dio­lo­gi­sche Abtei­lung ver­legt, wo sie noch ­eini­ge Tage sta­tio­när gepflegt und ver­sorgt wird, ehe sie zu ihrem Mann nach Hau­se zurück­keh­ren kann.

Autoren55

Fach­per­son Andre­as Greull
Arbeits­schwer­punk­te 34, absol­vier­te nach der Rudolf Stei­ner Schu­le die Aus­bil­dung zum dipl. Pfle­ge­fach­mann. Er bil­de­te sich wei­ter in Not­fall­me­di­zin, Berufs­päd­ago­gik, Anthro­po­so­phi­scher Pfle­ge und Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung.
Nach eini­gen Jah­ren Tätig­keit in Spi­tä­lern, Reha­kli­nik und Pfle­ge­zen­trum bau­te er in Bern einen anthro­po­so­phisch erwei­ter­ten ambu­lan­ten Pfle­ge­dienst auf. Seit Mai 2009 lei­tet er die Not­fall- und die kar­dio­lo­gi­sche Sta­ti­on an der Ita Weg­man Kli­nik.
Kon­takt 061 705 79 55
andreas.greull@wegmanklinik.ch

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